Veröffentlicht am 24.3.2021, zuletzt aktualisiert am 18.8.2022
Die letzten Jahre zählen zu den dunkelsten Kapiteln in der jüngeren Geschichte Myanmars. Im Bundesstaat Rakhine haben die Militäraktionen von 2016 und 2017 nach dem Prinzip der „verbrannten Erde“ Hunderttausende Angehörige der Rohingya, einer mehrheitlich muslimischen Minderheit in Myanmar, aus ihren Häusern über die Grenze nach Bangladesch vertrieben. Hier leben sie immer noch unter prekären Bedingungen. Die genaue Zahl der in dieser Zeit getöteten Rohingya ist nicht bekannt. Untersuchungen durch unabhängige Stellen wurden von der Regierung Myanmars systematisch unterbunden.
Im Jahr 2020 dokumentierte Amnesty International schwere Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen nach internationalem Recht, die vom myanmarischen Militär begangen wurden, einschließlich Kriegsverbrechen in den vom Konflikt betroffenen Gebieten im Rakhine- und Chin-Staat. Dazu zählen rechtswidrige Angriffe, Tötung und Verletzung von Zivilist*innen, willkürliche Verhaftungen, Folter und anderer Misshandlungen, Verschwindenlassen, außergerichtlicher Hinrichtungen und Zwangsarbeit. Bei willkürlichen Luftangriffen des Militärs in Myanmar wurden in den Bundesstaaten Rakhine und Chin Zivilist*innen getötet, darunter auch Kinder. Das belegte Amnesty International mit Beweismaterial.
Im Rakhine-Staat in Myanmar ist die Rohingya-Bevölkerung einer systematischen Ausgrenzung und Diskriminierung ausgesetzt, die Apartheid gleichkommt und nach internationalem Recht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt. Auch in den konfliktbetroffenen Kachin- und nördlichen Shan-Staaten kommt es weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen. Verbrechen wurden sowohl von den Sicherheitskräften Myanmars als auch von bewaffneten ethnischen Gruppen verübt, sowohl in den von der Regierung kontrollierten Gebieten als auch in den Gebieten, in denen die Regierung umstritten war.
Durch die jüngsten Entwicklungen in Myanmar hat sich die Lage der Rohingya nun noch weiter zugespitzt. Anfang Februar 2021 ergriff das Militär in Myanmar die Macht (-> mehr dazu im nächsten Abschnitt: Putsch in Myanmar). Nach der Verhaftung von De-facto-Staatschefin Aung San Suu Kyi gingen Zehntausende Menschen auf die Straßen, um friedlich gegen den Militärputsch zu demonstrieren. Dem zivilen Ungehorsam der Bevölkerung begegnet das Militär mit Repression und Gewalt. Die Militärjunta setzt routinemäßig Folter und erniedrigende Behandlung ein, um politischen Widerstand zu brechen. Seit dem Militärputsch wurden mehr als 14.500 Menschen festgenommen und über 2.000 getötet (Stand: Mai 2022).
Myanmars Militär hat seit dem Militärputsch systematisch Gräueltaten begangen, darunter unrechtmäßige Tötungen, willkürliche Verhaftungen und gewaltsame Vertreibungen von Zivilist*innen in den zwei östlichen Bundesstaaten Kayin und Kayah. Der im Mai 2022 von Amnesty International veröffentlichte Bericht “Bullets rained from the sky”: War crimes and displacement in eastern Myanmar zeigt, dass Myanmars Militär die Zivilbevölkerung der Bundesstaaten Karen und Karenni einer kollektiven Bestrafung unterworfen hat. Das Militär verübte zahlreiche Luft- und Bodenangriffe, willkürliche Verhaftungen, die oft zu Folter oder außergerichtlichen Hinrichtungen führten, sowie systematische Plünderung und Niederbrennung von Dörfern. Dabei wurden hunderte Zivilist*innen getötet und mehr als 150.000 Menschen vertrieben. Das myanmarische Militär verlegt in und im Umfeld von Dörfern im Bundesstaat Kayah (ehemals Karenni) massenhaft Landminen. Amnesty International bezeichnet dies als Kriegsverbrechen.
In der aktuellen Situation besteht große Sorge um Myanmars Zivilbevölkerung, insbesondere um friedlich Demonstrierende sowie um die Rohingya und andere ethnische und religiöse Minderheiten in Myanmar und im benachbarten Bangladesch.