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Die Auswirkungen von Hitzewellen auf Menschen in der Obdachlosigkeit werden von den zuständigen Politiker*innen in Österreich im Vergleich zu Maßnahmen zum Schutz vor extremer Kälte übersehen, so Amnesty International heute.
In der Fallstudie „Die Hitze ist genauso ein Killer, wie die Kälte” beschreibt die Menschenrechtsorganisation, wie die durch die Klimakrise verursachten Wetterveränderungen, insbesondere extreme Hitze, die Gesundheit und letztlich auch das Leben der Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, massiv gefährdet werden. Die Fallstudie ist Teil eines Berichts von Amnesty International zu den Auswirkungen der Klimakrise auf Menschenrechte.
Mehrere von Amnesty International durchgeführte Interviews mit Betroffenen und Expert*innen zeigen, dass von Obdachlosigkeit betroffene Menschen in Wien besonders unter den Auswirkungen extremer Hitze leiden.
Die zunehmende Hitze verschlimmert die ohnehin miserablen Lebensbedingungen für obdachlose Menschen in Österreich. Mit Blick auf die kommenden Sommer wird sich die Situation weiter verschärfen. Es ist an der Zeit, dass die österreichische Regierung die Konsequenzen der Klimakrise auf die Menschen erkennt und rasch Schutzmaßnahmen ergreift – zum Schutz der gegenwärtigen und zukünftigen Generationen!
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Die höheren Temperaturen in städtischen Umgebungen sowie mangelnde Grünflächen und kühlende Rückzugsmöglichkeiten setzen Betroffene in besonderem Maße der Hitze aus. Zusätzlich ist der Zugang zu Trinkwasser, Duschen und kühlen Räumen erheblich erschwert.
Zu den hitzebedingten Gesundheitsrisiken, die bei obdachlosen Menschen beobachtet werden, gehören Symptome von Hitzestress wie Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit sowie Dehydrierung, Sonnenbrand und vermehrte Infektionen.
Die gesundheitlichen Auswirkungen der Hitze werden dadurch verschlimmert, dass obdachlose Menschen in Österreich nur eingeschränkten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben. Gründe dafür sind unter anderem oftmals eine fehlende Krankenversicherung sowie Barrieren beim Zugang zum Gesundheitssystem, die mit der Stigmatisierung von Obdachlosigkeit zusammenhängen.
Obwohl es in Wien eine Reihe von Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe gibt, die sich auch an bestimmte Gruppen richten, wie z.B. nur an Frauen oder Jugendliche, hindern restriktive gesetzliche Zugangsvoraussetzung und auch oftmals strenge Hausordnungen obdachlose Menschen daran, diese zu nutzen. Von Amnesty International befragte Personen wiesen auch darauf hin, dass Schutzmittel, wie z.B. Sonnencreme, nicht ausreichend vorhanden sind.
Der im Mai 2022 verabschiedete Wiener Hitzeaktionsplan nennt obdachlose Menschen als eine der am stärksten gefährdeten Gruppen. Dennoch fehlt in Österreich eine nationale Wohnungsstrategie mit konkreten Zielen und Maßnahmen, um Obdachlosigkeit nachhaltig zu bekämpfen.
Bereits in einem früheren Bericht kritisierte Amnesty International strukturelle Versäumnisse in der Bereitstellung und Zugänglichkeit von Wohnungsloseneinrichtungen und der Versorgung der Menschen, die von Wohnungs- und Obdachlosigkeit betroffen sind. Dadurch kommt Österreich seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen zum angemessenen Schutz der Rechte auf Wohnen, Gesundheit und Leben nicht nach.
Warum gibt es im Winter zusätzliche Plätze in Notunterkünften, aber keine entsprechenden Maßnahmen bei Hitzewellen? Das Leben der Menschen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, ist sowohl bei extremer Kälte als auch bei extremer Hitze akut gefährdet.
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Zu Beginn der Weltklimakonferenz (COP27) im ägyptischen Scharm-el-Scheich fordert Amnesty International die österreichische Regierung dazu auf, sich entschieden für einen Entschädigungsmechanismus für Klimaschäden einzusetzen. Von den ägyptischen Behörden fordert Amnesty International, ihr repressives Vorgehen gegen Aktivist*innen und Kritiker*innen zu beenden und zivilgesellschaftlichen Protest zu ermöglichen.
Der neue Bericht „Any Tidal Wave Could Drown Us“ beschreibt, wie Menschenrechte marginalisierter Gruppen im Globalen Süden, etwa von Indigenen und Bewohner*innen von informellen Siedlungen, am gravierendsten durch die Klimakatastrophe verletzt werden. Überdurchschnittlich betroffen sind auch ältere und obdachlose Menschen und Menschen mit Behinderung in Europa.
In sieben Fallstudien aus Bangladesch, Fidschi, Honduras, Senegal, Russland, Kanada, Österreich und der Schweiz zeigt der Bericht die Probleme der am stärksten von der Klimakatastrophe betroffenen Bevölkerung.
In allen untersuchten Ländern werden durch Überschwemmungen, Hitze und Stürme besonders die Menschenrechte von marginalisierten, diskriminierten und benachteiligten Menschen verletzt. Dazu zählen etwa Bewohner*innen von informellen Siedlungen in Fidschi, Dalits in Bangladesch, marginalisierte Fischergemeinden in Honduras und Senegal oder indigene Gruppen in Russland und Kanada.
Amnesty International fordert von den Ländern des Globalen Nordens einen dauerhaften Finanzierungsmechanismus für klimabedingte Verluste und Schäden. Sie müssen ausreichende finanzielle Mittel und technische Unterstützung etwa für Soforthilfe, Rehabilitation, Wiederaufbau und unvermeidliche Umsiedlungen für die besonders von der Klimakatastrophe betroffenen Menschen bereitstellen.
Die Maßnahmen müssen marginalisierte und insbesondere indigene Gemeinschaften von Beginn an wirksam einbinden, ihnen direkten Zugang zu den Geldern ermöglichen. Weiter dürfen durch die Maßnahme keine neuen Schulden verursacht werden und sich nicht auf reine Versicherungslösungen beschränken. Zudem müssen auch bereits existierende Finanzierungsinstrumente zur Eindämmung der Erderhitzung und Anpassung an die Klimakrise verstärkt werden.
Die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, wird vom 6. bis 18. November 2022 an der UN-Klimakonferenz (COP27) in Sharm El-Sheikh teilnehmen. Im Vorfeld ihres Besuchs sagte sie:
Wir haben nicht mehr den Luxus von Zeit, wenn es um die globale Klimakrise geht. Das Zeitfenster, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen unter 1,5°C zu halten, schließt sich rapide und die Welt wird mit Überschwemmungen, Dürren und Bränden konfrontiert, was zu Vertreibung und Hungersnöten sowie zu weiteren Konflikten und Todesopfern führt. Die COP27 ist eine entscheidende Gelegenheit, diesen Kurs umzukehren, und darf nicht in einem Theater der leeren Versprechungen und des Greenwashings verspielt werden.
Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International
Die Klimakonferenz findet in einer Situation massiver Repression gegen die Zivilgesellschaft in Ägypten statt. Es besteht die Befürchtung, dass Organisationen und Aktivist*innen nicht frei an der COP27 teilnehmen können, ohne Repressalien während und nach der Konferenz befürchten zu müssen.
Mindestens fünf ägyptische Menschenrechtsorganisationen, darunter die ägyptische Kommission für Rechte und Freiheiten und das Kairo-Institut für Menschenrechtsstudien, haben keine Akkreditierung zur COP27 erhalten. Die Antiterrorgesetzgebung und andere drakonische Gesetze dienen als Mittel zur Unterdrückung. So lässt das ägyptische Versammlungsrecht den Sicherheitskräften freie Hand zum Verbot von Demonstrationen und übermäßiger Gewalt.
Im Vorfeld der COP27 haben die Sicherheitsbehörden zahlreiche Aktivist*innen verhaftet und sind gewaltsam gegen Proteste vorgegangen. Unabhängig von der Klimakonferenz sitzen mindestens 22 Journalist*innen in Haft und mehr als 600 Webseiten werden zensiert. Tausende werden nach unfairen Verfahren willkürlich gefangen gehalten, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen, Anwält*innen und Oppositionspolitiker*innen. Die entsetzlichen Bedingungen in den ägyptischen Gefängnissen verstoßen mitunter gegen das Folterverbot.