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Presse © Henning Schacht

Amnesty International: Ägyptens Menschenrechtskrise verschärft sich vor COP27

21. September 2022

Im Vorfeld der im November 2022 in Ägypten stattfindenden UN-Klimakonferenz (COP27) befindet sich das Land inmitten einer tiefen Menschenrechtskrise, so Amnesty International heute. In einem neuen Bericht enthüllt Amnesty International, wie Ägyptens Behörden versuchen, die zunehmende Unterdrückung jeglichen Widerstands im Vorfeld der COP27 zu vertuschen.

In einem neuen Bericht mit dem Titel "Disconnected from Reality: Egypt's National Human Rights Strategy covers up human rights crisis" legt Amnesty International eine detaillierte Analyse der Nationalen Menschenrechtsstrategie (NHRS) vor, die vor einem Jahr in Ägypten vor dem Hintergrund einer drastischen Menschenrechtssituation initiiert wurde. Dabei deckt Amnesty auf, wie die Behörden die Strategie als Propagandainstrument eingesetzt haben, um die zunehmende Unterdrückung aller Formen des Widerstands im Vorfeld der COP27 im November 2022 zu verschleiern.

Die lange Liste gut dokumentierter Menschenrechtsverletzungen in Ägypten umfasst rechtswidrige Tötungen, massenhafte willkürliche Verhaftungen, schwere Unterdrückung des Rechts auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die tief verwurzelte Diskriminierung von Frauen und Mädchen, LGBTI*-Personen und Angehörigen religiöser Minderheiten.

Die ägyptischen Behörden haben die Nationale Menschenrechtsstrategie ins Leben gerufen, um ihre unablässigen Menschenrechtsverletzungen zu verschleiern. Sie dachten, sie könnten die Welt vor der COP27 täuschen. Aber die düstere Realität ihrer notorischen Menschenrechtsverletzungen lässt sich nicht mit einem PR-Schauspiel beschönigen.

Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

„Die internationale Gemeinschaft darf sich nicht von Ägyptens Versuchen täuschen lassen, das Ausmaß der Menschenrechtskrise in dem Land zu verbergen. Sie muss stattdessen öffentlich und privat Druck auf die ägyptischen Behörden ausüben, damit diese sinnvollen Schritte unternehmen, um den Kreislauf von Missbrauch und Straflosigkeit zu beenden, angefangen bei der Freilassung der Tausenden von Kritiker*innen und Oppositionellen, die willkürlich in ägyptischen Gefängnissen festgehalten werden, über die Lockerung der Kontrolle der Zivilgesellschaft bis hin zur Zulassung friedlicher Proteste.“

Hintergrund

Ägypten ist Gastgeber der UN-Klimakonferenz COP27, die im November 2022 in Sharm El-Sheikh stattfinden wird. Umwelt- und Menschenrechtsgruppen haben Bedenken geäußert, dass die Proteste auf "ausgewiesene Gebiete" beschränkt werden und die ägyptische Zivilgesellschaft nicht in der Lage sein wird, sich ohne Angst vor Repressalien zu beteiligen.

Seit der Einführung der Nationalen Menschenrechtsstrategie (NHRS) haben die ägyptischen Behörden in der Öffentlichkeit und bei Treffen mit anderen Regierungen immer wieder auf diese Strategie verwiesen, um ihr Engagement für die Menschenrechte unter Beweis zu stellen.

Die auf fünf Jahre angelegte Strategie wurde von der Regierung ohne Konsultation unabhängiger Menschenrechtsorganisationen oder Beteiligung der Öffentlichkeit ausgearbeitet und zeichnet ein zutiefst irreführendes Bild der Menschenrechtskrise in Ägypten. Sie spricht die Behörden von jeglicher Verantwortung frei und schiebt Menschenrechtsverletzungen auf Sicherheitsbedrohungen, wirtschaftliche Herausforderungen und auf die ägyptische Bevölkerung, die ihre Rechte „nicht versteht“ und „nicht wahrnimmt“.

In der Strategie wird die katastrophale Entwicklung seit der Machtübernahme durch Präsident Abdel Fattah al-Sisi im Jahr 2013 ignoriert. Tausende werden nach wie vor willkürlich inhaftiert oder zu Unrecht verfolgt. Allein in den letzten zwei Jahren sind Dutzende von Menschen im Gefängnis gestorben, nachdem ihnen bewusst die medizinische Versorgung verweigert wurde und sie unter grausamen und unmenschlichen Bedingungen inhaftiert waren.

In den letzten Monaten wurden in positiven, wenn auch sehr kleinen Schritten Dutzende politische Gefangene freigelassen. Die Behörden nehmen jedoch weiterhin willkürlich zahlreiche andere Kritiker*innen und Oppositionelle fest, während viele der Freigelassenen mit einem Reiseverbot belegt sind.

Seit 2013 haben die Behörden außerdem Hunderte von Websites zensiert, Razzien bei unabhängigen Medien durchgeführt und diese geschlossen sowie Dutzende von Journalist*innen inhaftiert, die sich kritisch geäußert oder schlicht ihren Beruf ausgeübt haben.