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Der weltweite Bericht zur Todesstrafe von Amnesty International dokumentiert die gerichtliche Anwendung der Todesstrafe im Zeitraum von Jänner bis Dezember 2023. Wie in den Vorjahren werden die Informationen aus einer Vielzahl von Quellen zusammengetragen, darunter offizielle Zahlen, Gerichtsurteile, Informationen von zum Tode verurteilten Personen und ihren Familien und Vertreter*innen, Medienberichte und Organisationen der Zivilgesellschaft.
Amnesty International berichtet nur über Hinrichtungen, Todesurteile und andere Aspekte der Anwendung der Todesstrafe, wie Umwandlungen und Freisprüche, wenn es dafür ausreichende Belege gibt. In vielen Ländern veröffentlichen die Regierungen keine Informationen über ihre Anwendung der Todesstrafe. In China und Vietnam sind die Daten über die Anwendung der Todesstrafe als Staatsgeheimnis eingestuft. Im Jahr 2023 waren zu einigen Ländern – insbesondere Weißrussland und Nordkorea – aufgrund der restriktiven staatlichen Praxis nur wenige oder gar keine Informationen verfügbar.
Daher sind die Zahlen von Amnesty International über die Anwendung der Todesstrafe für eine beträchtliche Anzahl von Ländern das Minimum, das erfasst wurde. Die tatsächlichen Gesamtzahlen sind wahrscheinlich höher.
Amnesty International dokumentierte im Jahr 2023 1153 Hinrichtungen in 16 Ländern, was einen Anstieg von 31 % gegenüber den 883 Hinrichtungen im Jahr 2022 bedeutet. Dies ist die höchste Zahl an Hinrichtungen, die Amnesty International seit fast einem Jahrzehnt verzeichnet hat (seit 2015, als 1.634 Hinrichtungen dokumentiert wurden).
China ist nach wie vor der weltweit führende Hinrichtungsstaat, aber das wahre Ausmaß der Anwendung der Todesstrafe in dem Land bleibt unbekannt, da diese Daten weiterhin als Staatsgeheimnis eingestuft werden. In der von Amnesty International erfassten Gesamtzahl sind die Tausenden von Hinrichtungen nicht enthalten, die vermutlich in China vollstreckt wurden, sowie die Hinrichtungen in Vietnam und Nordkorea, wo Amnesty International davon ausgeht, dass die Todesstrafe in großem Umfang angewandt wurde.
Die meisten bekannten Hinrichtungen fanden in China (Tausende), Iran (mindestens 853), Saudi-Arabien (172), Somalia (mindestens 38) und den USA (24) statt.
Es ist bekannt, dass in vier Ländern Frauen hingerichtet wurden: China (+), Iran (24), Saudi-Arabien (6) und Singapur (1).
Amnesty International verzeichnete Hinrichtungen in 16 Ländern, verglichen mit 20 Ländern im Jahr 2022.
508 Hinrichtungen wurden wegen Drogendelikten verzeichnet: 481 im Iran, 1 in Kuwait, 19 in Saudi-Arabien, 5 in Singapur und in China (Anzahl unbekannt). Die Gesamtzahl von 508 machte 44 % der Gesamtzahl weltweit aus.
Mindestens 8 öffentliche Hinrichtungen wurden in Afghanistan (1+) und Iran (7) verzeichnet.
Im Iran wurden mindestens 5 Personen für Verbrechen hingerichtet, die begangen wurden, als sie unter 18 Jahre alt waren.
In Belarus, Japan, Myanmar und Südsudan, alles Länder, die im Jahr 2022 Hinrichtungen durchgeführt haben (insgesamt 20 Länder), wurden 2023 keine Hinrichtungen registriert.
Die folgenden Hinrichtungsmethoden wurden 2023 angewandt: Enthauptung, Erhängen, tödliche Injektion und Erschießen.
Im Jahr 2023 wurden mindestens 2.428 neue Todesurteile in 52 Ländern verhängt, verglichen mit mindestens 2.016 in 52 Ländern im Jahr 2022.
Amnesty International registrierte Umwandlungen von Todesurteilen oder Begnadigungen in 27 Ländern.
Fünf Länder – Belarus, Kamerun, Japan, Marokko/Westsahara und Simbabwe – verhängten Todesurteile nach einer Unterbrechung.
Amnesty International verzeichnete in drei Ländern mindestens 9 Freilassungen von zum Tode verurteilten Gefangenen: Kenia (5), die USA (3) und Simbabwe (1).
Weltweit waren Ende 2023 mindestens 27.687 Menschen zum Tode verurteilt.
Die Zahl der Hinrichtungen in der Region Naher Osten und Nordafrika stieg um 30 %, von 825 im Jahr 2022 auf 1.073 im Jahr 2023. Die Zahl der registrierten Todesurteile stieg ebenfalls von 827 im Jahr 2022 auf 950 im Jahr 2023.
Iran, Saudi-Arabien und Irak waren 2023 die drei Länder mit den meisten Hinrichtungen in der Region. Auf sie entfielen 97 % aller registrierten Hinrichtungen in der Region: Iran (80%), Saudi-Arabien (16%) und Irak (1%),
Insgesamt haben acht Länder in der Region im Jahr 2023 Hinrichtungen durchgeführt: Ägypten, Iran, Irak, Kuwait, Staat Palästina, Saudi-Arabien, Syrien und Jemen.
Im 15. Jahr in Folge blieben die USA das einzige Land in der Region Nord- und Südamerika, das Hinrichtungen vollstreckt.
Die Zahl der in den USA vollstreckten Hinrichtungen stieg um 33 %, von 18 im Jahr 2022 auf 24 im Jahr 2023.
Im US-Bundesstaat Florida wurden seit 2019 die ersten Hinrichtungen (6) vollstreckt, und die US-Bundesbehörden verhängten ihr erstes Todesurteil seit 2019.
Im siebten Jahr in Folge waren Guyana, Trinidad und Tobago und die USA die einzigen Länder der Region, die neue Todesurteile verhängten.
Der asiatisch-pazifische Raum ist nach wie vor die Region mit der höchsten Zahl an Hinrichtungen weltweit.
Im asiatisch-pazifischen Raum sind sechs Länder (Afghanistan, Bangladesch, China, Nordkorea, Singapur und Vietnam) bekannt, die im Jahr 2023 Hinrichtungen vollstreckt haben, ein Rückgang gegenüber acht im Jahr 2022.
In Japan und Myanmar, beides Länder, die 2022 Menschen hingerichtet haben, wurden keine Hinrichtungen verzeichnet.
Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen wurden in der Region insgesamt 948 neue Todesurteile verhängt, ein Anstieg um 10 % gegenüber 2022, als mindestens 861 Menschen zum Tode verurteilt worden waren.
Malaysia schaffte für alle Straftaten die obligatorische Verhängung der Todesstrafe ab und verringerte den Umfang dieser Strafe; Pakistan schaffte die Todesstrafe für Drogendelikte ab, und die Behörden von Sri Lanka bekräftigten ihre Absicht, keine Hinrichtungen durchzuführen.
Die Zahl der registrierten Hinrichtungen in der Region hat sich von 11 im Jahr 2022 auf 38 im Jahr 2023 mehr als verdreifacht.
Alle 38 Hinrichtungen fanden in einem Land statt – Somalia.
Im Jahr 2023 wurden in 14 Ländern Todesurteile verhängt, verglichen mit 12 im Jahr 2022.
Die Zahl der registrierten Todesurteile stieg drastisch um 66 % von 298 im Jahr 2022 auf 494 im Jahr 2023.
Vier Länder (Kenia, Liberia, Simbabwe und Ghana) haben positive gesetzliche Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe unternommen.
Belarus ist nach wie vor das einzige Land in Europa, das die Todesstrafe anwendet und hat im Jahr 2023 eine Person zum Tode verurteilt.
Russland und Tadschikistan hielten weiterhin Moratorien für Hinrichtungen ein.
Die Todesstrafe ist eine abscheuliche, unmenschliche Strafe und es gibt keine glaubwürdigen Beweise dafür, dass sie mehr von Verbrechen abschreckt als eine Gefängnisstrafe. Um das Recht auf Leben zu schützen, kämpfen Amnesty International und Aktivist*innen rund um den Globus seit Jahrzehnten für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe.
Nahezu drei Viertel aller Länder der Welt haben nun die Todesstrafe in Gesetz oder Praxis abgeschafft.
Der unermüdliche Einsatz von Menschen auf der ganzen Welt für die Abschaffung der Todesstrafe haben 2023 offenbar einige Früchte getragen: Im Juli trat die Abschaffung der Todesstrafe für Drogendelikte in Pakistan und die Abschaffung der obligatorischen Todesstrafe in Malaysia in Kraft. Das ghanaische Parlament stimmte für zwei Gesetzentwürfe, mit denen die Todesstrafe aus dem Straf- und Militärgesetzbuch gestrichen werden soll.
Diese Entwicklungen haben gezeigt, dass es möglich ist, die Bekämpfung von Kriminalität zu überdenken und die Ressourcen von der Vergeltung auf die Prävention von Straftaten und die Rehabilitierung von Straftäter*innen zu verlagern. Die überwältigende Mehrheit der Länder der Welt hat diese Entscheidung bereits getroffen. Das gibt neue Hoffnung, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Todesstrafe weltweit der Vergangenheit angehört.
112
Länder hatten die Todesstrafe Ende 2023 vollständig abgeschafft.
144
Länder insgesamt hatten die Todesstrafe Ende 2023 in Gesetz oder Praxis abgeschafft.
Zunehmende Isolation vollstreckender Staaten
Die Untersuchungen von Amnesty International zeigen, dass im Jahr 2023 die niedrigste Anzahl von Ländern die höchste Anzahl von bekannten Hinrichtungen seit fast einem Jahrzehnt vollstreckt hat. Diese Zahlen bestätigen den Trend der letzten Jahre: eine immer stärkere Isolation der Länder, die an der Todesstrafe festhalten.
Hinrichtungen wegen Drogendelikten und gegen ethnische Minderheiten
Der Anstieg der registrierten Hinrichtungen ist größtenteils auf eine alarmierende Zunahme von Hinrichtungen wegen Drogendelikten im Iran zurückzuführen, die darauf beruht, dass die Behörden die internationalen Beschränkungen für die Anwendung der Todesstrafe völlig außer Acht lassen. Diese Straftaten dürfen nach den internationalen Menschenrechtsvorschriften und -standards nicht mit der Todesstrafe geahndet werden. Außerdem betrafen sie in unverhältnismäßiger Weise die am stärksten marginalisierten Bevölkerungsgruppen im Iran, insbesondere Männer und Frauen der unterdrückten ethnischen Minderheit der Belutsch*innen.
Befürwortende Rhetorik nach Verbrechen und vor Wahlen
In einigen Ländern wurde nach aufsehenerregenden Verbrechen oder im Vorfeld von Wahlen eine befürwortende Rhetorik zu Gunsten der Todesstrafe laut, obwohl es keine Beweise dafür gibt, dass diese Strafe eine besonders abschreckende Wirkung hat. Nach einer Reihe aufsehenerregender Fälle verabschiedete die südkoreanische Nationalversammlung im September Änderungen, die die Todesstrafe als Höchststrafe für die Ermordung oder Vernachlässigung von Neugeborenen vorsehen. Auch in Taiwan und den USA wurde die Todesstrafe im Rahmen von Präsidentschaftswahlen ins Spiel gebracht.