„In ihrer Gesamtheit stellen diese Maßnahmen ein System dar, das Frauen und Mädchen in fast allen Lebensbereichen unterdrückt und diskriminiert. Jeder Aspekt des täglichen Lebens – ob sie zur Schule gehen können, ob und wie sie arbeiten, ob und wie sie das Haus verlassen dürfen – wird kontrolliert und stark eingeschränkt.
Diese schonungslose Unterdrückung der weiblichen Bevölkerung Afghanistans verschärft sich Tag für Tag. Die internationale Gemeinschaft muss dringend darauf pochen, dass die Taliban die Rechte von Frauen und Mädchen achten und schützen.“
Willkürliche Festnahme und Inhaftierung wegen „sittlicher Verdorbenheit“
Vier Whistleblower aus Hafteinrichtungen der Taliban gaben an, dass die Taliban vermehrt Frauen und Mädchen festnehmen und inhaftieren, die geringfügige Verstöße gegen die diskriminierenden Maßnahmen begehen, z. B. bei Verstößen gegen die Regel, sich nur mit einem mahram (männlichen Begleiter) in der Öffentlichkeit zu zeigen, oder wenn eine Frau mit einem Mann unterwegs ist, der nicht als mahram gilt. Den Festgenommenen wird in der Regel das vage „Vergehen der sittlichen Verdorbenheit“ vorgeworfen.
Eine Studentin, die 2022 festgenommen wurde, sagte Amnesty International, dass sie in Verbindung mit den mahram-Regeln festgenommen und daraufhin bedroht und geschlagen worden sei.
Sie gab an, dass Angehörige der Taliban „anfingen, mir Elektroschocks zu verabreichen ... an der Schulter, im Gesicht, im Nacken, wo immer sie konnten ... Sie beschimpften mich als Prostituierte [und] Schlampe ... Ein Mann mit einer Pistole drohte: ‚Ich werde dich umbringen, und niemand wird deine Leiche finden‘.“
Kinderehen, Früh- und Zwangsverheiratung
Recherchen von Amnesty International ergeben, dass die Anzahl der Kinderehen, Früh- und Zwangsverheiratungen in Afghanistan unter der Herrschaft der Taliban immer stärker ansteigen.
Dies wurde von in Afghanistan tätigen nationalen und internationalen Organisation sowie örtlichen Aktivist*innen und anderen Expert*innen bestätigt. Zu den wichtigsten Ursachen hierfür zählen die wirtschaftliche und humanitäre Krise, die fehlenden Bildungs- und Berufschancen für Frauen und Mädchen, familiärer Druck zur Heirat mit Taliban-Mitgliedern, und Druck von Taliban-Angehörigen auf Frauen und Mädchen, sie zu heiraten.