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Iran/Belgien: Überfällige Freilassung von Olivier Vandecasteele im Gefangenenaustausch

31. Mai 2023

Amnesty International begrüßt die Freilassung des belgischen Entwicklungshelfers Olivier Vandecasteele und ist erleichtert, dass er bald bei seiner Familie in Belgien sein wird. Er war seit Februar 2022 zu Unrecht im Iran inhaftiert und wurde Verschwindenlassen, Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt. Amnesty International ist jedoch zutiefst beunruhigt darüber, dass er nur aufgrund der vorzeitigen Freilassung des iranischen Geheimdienstagenten Assadollah Asadi freigelassen wurde und den Iran verlassen durfte.

Geiselnahme

Diese Vereinbarung zwischen Belgien und dem Iran minderte die Auswirkungen der Verurteilung des Iraners Assadollah Asadi zu 20 Jahren Haft durch ein belgisches Gericht wegen der Planung eines vereitelten Bombenanschlags gegen iranische Dissident*innen in Frankreich. Die Umstände seiner Freilassung bestätigen die Einschätzung von Amnesty International, dass die iranischen Behörden Olivier Vandecasteele als Geisel hielten, um ihn gegen Assadollah Asadi auszutauschen.

Durch die Überstellung von Assadollah Asadi an den Iran hat die belgische Regierung zu einem Klima der Straflosigkeit für die Verfolgung iranischer Dissident*innen im Ausland mittels außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und anderer Misshandlungen beigetragen und das Recht der Opfer auf Gerechtigkeit, Wiedergutmachung und die Garantie, dass sich die Verstöße nicht wiederholen, ausgehöhlt. 

Amnesty International warnt davor, dass iranische Dissident*innen im Ausland einem erhöhten Risiko von Angriffen durch Agent*innen der Islamischen Republik Iran ausgesetzt sind, wenn die internationale Gemeinschaft, einschließlich Belgien und andere europäische Regierungen, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt, schwere Menschenrechtsverletzungen der iranischen Behörden im Ausland ordnungsgemäß zu bestrafen. Versuchte außergerichtliche Hinrichtungen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen werden von den iranischen Behörden im Ausland begangen, um die freie Meinungsäußerung und friedlichen Dissens zu unterdrücken.

Strafrechtliche Verfolgung der Täter*innen

Amnesty International ist zutiefst besorgt darüber, dass der Gefangenenaustausch die iranischen Behörden dazu ermutigen könnte, weiterhin Geiselnahmen und andere Verbrechen nach internationalem Recht zu begehen. Um diese Risiken zu mindern, müssen die belgischen Behörden dringend untersuchen, ob die Freiheitsberaubung von Olivier Vandecasteele das Verbrechen der Geiselnahme darstellt, und die Aufarbeitung sowohl durch öffentliche Erklärungen als auch durch die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung der mutmaßlichen Täter*innen voranbringen.

Amnesty International fordert die belgischen Behörden außerdem auf, strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten und Haftbefehle gegen Beamte und andere Personen zu erlassen, gegen die ausreichende zulässige Beweise für die Verantwortlichkeit für Folter, Verschwindenlassen oder andere Verbrechen nach internationalem Recht an Olivier Vandecasteele vorliegen, und zwar auf der Grundlage des Weltrechtsprinzips und der Gerichtsbarkeit aufgrund des besonderen Inlandsbezugs wegen der Nationalität des Opfers. 

Amnesty International ruft erneut alle Staaten, die im Iran inhaftierte Staatsangehörige hatten oder haben, auf, unverzüglich zu prüfen, ob deren Freiheitsentzug einer Geiselnahme gleichkommt. Falls dies der Fall ist, müssen alle geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Dazu gehört, dass bei Vorliegen ausreichender zulässiger Beweise Haftbefehle ausgestellt und die Auslieferung iranischer Beamter zur Strafverfolgung im Einklang mit den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren beantragt wird.

Der Iran und Belgien sind Vertragsparteien des Internationalen Übereinkommens gegen Geiselnahme, das jede Form von Geiselnahme durch staatliche und nichtstaatliche Akteure unter Strafe stellt. Das Übereinkommen definiert Geiselnahme als das Festhalten einer Person unter der Androhung, sie zu töten, zu verletzen oder weiter festzuhalten, um Dritte zur Erfüllung bestimmter Bedingungen zu zwingen. Geiselnahme stellt völkerrechtlich also eine Straftat dar. Um einen Akt der Inhaftierung als Geiselnahme zu deklarieren ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Bedingungen zur Freilassung der inhaftierten Person ausdrücklich ausgesprochen werden. Vielmehr kann ein Akt der Freiheitsberaubung u. U. auch dann als Geiselnahme gelten, wenn anhand der Umstände deutlich wird, dass in Verbindung damit eine implizite Forderung des Handelns oder Unterlassens an eine Drittpartei gestellt wird.