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Bosnien und Herzegowina: Geplantes Lager für Tausende Migrant*innen ist unmenschlich und lebensgefährlich

30. März 2020

Im bosnischen Kanton Una-Sana planen die Lokalbehörden, Tausende Migrant*innen zu zwingen, in ein völlig unzulängliches und aus Zelten bestehendes Lager in Lipa zu ziehen. Massimo Moratti, stellvertretender Direktor für die Region Europa bei Amnesty International, sagte dazu:

„Diese Menschen – viele von ihnen besonders schutzbedürftig – sollen gezwungen werden, in einem notdürftig aufgebauten Zeltlager zu wohnen, in dem weder eine angemessene Wasser- und Sanitärversorgung noch ausreichende medizinische Versorgung gewährleistet ist und wo es keine Quarantäneräume gibt. Dies ist unmenschlich, setzt die Menschen einem höheren Infektionsrisiko aus und könnte zu vermeidbaren Todesfällen führen."

Das Zusammensperren von Menschen unter potenziell gesundheitsschädlichen Bedingungen im Namen der öffentlichen Gesundheit ist nicht zu verantworten.

Massimo Moratti, stellvertretender Direktor für die Region Europa bei Amnesty International

Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie sind die bosnischen Behörden verpflichtet, auf die Bedürfnisse aller marginalisierten Gruppen einzugehen und für menschenwürdige Lebensbedingungen zu sorgen. Hierzu zählen auch der Zugang zu Trinkwasser sowie zu Sanitär- und Hygieneeinrichtungen und zu angemessener medizinischer Versorgung für alle Menschen, einschließlich Migrant*innen und Asylsuchende.

"Jegliche Einschränkung der Rechte von Migrant*innen und Asylsuchenden vor dem Hintergrund des COVID-19-Gesundheitsnotstands muss rechtmäßig, notwendig und verhältnismäßig sein. Ohnehin bereits marginalisierte Bevölkerungsgruppen dürfen nicht diskriminiert oder zusätzlich gefährdet werden. Die [von den bosnischen Behörden geplanten] Maßnahmen bleiben hinter all diesen Anforderungen zurück,“ so Massimo Moratti weiter.

Hintergrund

Tausende Flüchtlinge, Migrant*innen und Asylsuchende sitzen derzeit auf ihrem Weg nach Europa im Kanton Una-Sana im Nordwesten von Bosnien und Herzegowina fest. Etwa 4.100 Menschen sind in vorläufigen Aufnahmeeinrichtungen der Internationalen Organisation für Migration untergebracht, doch geschätzt 3.000 Personen schlafen in verlassenen Gebäuden oder auf der Straße. Diese laufen nun Gefahr, in das Lager in Lipa gebracht zu werden.

Um die Ausbreitung der durch das Coronavirus ausgelösten Krankheit COVID-19 zu verhindern, wurden in Bosnien und Herzegowina kürzlich Notfallmaßnahmen verhängt. Infolgedessen ordneten die Behörden des Kantons Una-Sana an, Tausende Flüchtlinge, Migrant*innen und Asylsuchende, die derzeit obdachlos sind, in ein Übergangslager in Lipa zu bringen, das derzeit errichtet wird.

Die Lokalbehörden von Una-Sana haben für Flüchtlinge und Migrant*innen in der Vergangenheit keine angemessenen Unterkunftsbedingungen gewährleistet. Im Dezember 2019 wurde auf Druck von Menschenrechtsgruppen und der internationalen Gemeinschaft endlich das umstrittene Flüchtlingslager in Vucjak geschlossen, das mehr als 600 Personen beherbergte und sich auf dem Gelände einer ehemaligen Mülldeponie und nahe eines Minenfelds aus dem Bosnienkrieg befand.