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© AFP Via Getty Images
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Iran: Protest darf nicht mit Tod bestraft werden!

Protestierenden im Iran droht Hinrichtung

Am 16. September 2022 wurde die 22-jährige Jina Mahsa Amini in Teheran gewaltsam von der "Sittenpolizei" verhaftet. Drei Tage später war sie tot. Ihr Tod hat große landesweite Proteste ausgelöst, hunderttausende Menschen gingen für die Menschenrechte im Iran auf die Straße. Doch die iranischen Behörden reagierten mit brutaler Gewalt. Vielen droht nun die Todesstrafe für ihren Protest.

Die iranischen Behörden nutzen die Todesstrafe als Instrument der politischen Unterdrückung, um die Menschen in Angst zu versetzen und die Protestbewegung niederzuschlagen. Mehrere Personen wurden bereits in Verbindung mit den landesweiten Protesten hingerichtet. Vielen weiteren droht die Hinrichtung.

Dutzende Menschen sind mittlerweile zum Tode verurteilt. Allen wurde ein faires Gerichtsverfahren verweigert. Gut informierten Quellen zufolge wurden mehrere Angeklagte gefoltert und ihre durch Folter erlangten "Geständnisse" als Beweise eingesetzt. Staatliche Medien strahlten vor den Verfahren erzwungene "Geständnisse" aus.

Angesichts der mehreren tausend Anklagen, die bisher erhoben wurden, befürchtet Amnesty International, dass noch viele weitere Menschen von Hinrichtungen bedroht sind. Immer wieder fordern offizielle Entscheidungsträger*innen im Iran die Beschleunigung von Prozessen und öffentlichen Hinrichtungen. Diese Entwicklungen sind äußerst besorgniserregend.

Friedlicher Protest ist ein Menschenrecht. Er darf nicht mit dem Tod bestraft werden. Fordere jetzt, dass die Todesurteile aufgehoben und keine weiteren ausgesprochen werden!

Jetzt mitmachen!

Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit Vor- und Nachname an den Adressaten im Land gesandt.

 

Hintergrundinformationen

Bereits Todesurteile vollstreckt

Am 8. Dezember richteten die iranischen Behörden den Protestteilnehmer Mohsen Shekari hin. Zuvor war er in einem grob unfairen Verfahren wegen "Feindschaft zu Gott" zum Tode verurteilt worden – nicht einmal drei Monate nach seiner Festnahme. Am 12. Dezember wurde in der Stadt Maschhad (Provinz Chorāsān-e Razawī) ein weiterer junger Mann öffentlich exekutiert.

Majidreza Rahanvard wurde ebenfalls nach einem unfairen Verfahren wegen "Feindschaft zu Gott" schuldig gesprochen. Nur zwei Wochen nach seiner letzten gerichtlichen Anhörung am 29. November wurde das Todesurteil vollstreckt.

Am 5. Dezember 2022 hatte ein Revolutionsgericht in der Provinz Alborz Mohammad Mehdi Karami und Seyed Mohammad Hosseini in einem äusserst unfairen Scheinprozess zum Tode verurteilt. Nachdem ein paramilitärischer Basidsch-Milizionär bei einem Protest am 3. November 2022 ums Leben kam, waren die beiden ebenfalls wegen «Verdorbenheit auf Erden» (ifsad fil-arz) angeklagt worden.

Das Todesurteil erging weniger als eine Woche nach Prozessbeginn am 30. November 2022. Vor dem Prozess wurden ihre erzwungenen «Geständnisse» in den Staatsmedien ausgestrahlt. Unter Verletzung ihres Rechts auf Unschuldsvermutung wurden sie als «Mörder» bezeichnet. Beiden Angeklagten wurde der Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl verweigert.

Seyed Mohammad Hosseini berichtete seinem Rechtsbeistand später, dass die Behörden ihn unter Folter und anderen Misshandlungen zu einem «Geständnis» gezwungen hatten. Er wurde so lange getreten, bis er das Bewusstsein verlor, ihm wurde mit Eisenstangen auf die Fusssohlen geschlagen und er wurde am ganzen Körper mit Elektroschocks gefoltert.

Die Hinrichtungen von Mohammad Mehdi Karami und Seyed Mohammad Hosseini wurden am 7. Jänner 2023 jeweils im Geheimen und ohne vorherige Benachrichtigung ihrer Rechtsbeistände und Familien vollstreckt – nur zwei Monate nach ihrer Festnahme.

Weitere Hinrichtungen drohen

Vielen weiteren Menschen droht die Hinrichtung. Ihnen wird in Verbindung mit den landesweiten Protesten "Feindschaft zu Gott" (moharebeh), "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) und "bewaffnete Rebellion gegen den Staat" (baghi) vorgeworfen, wofür sie in unfairen Scheinprozessen entweder bereits verurteilt wurden oder derzeit angeklagt sind. Gegen mindestens elf Personen wurde bereits ein Todesurteil gesprochen.

Angesichts der mehreren tausend Festnahmen und Anklagen, die bisher erfolgt sind, befürchtet Amnesty International, dass noch viele weitere von der Hinrichtung bedroht sein könnten. Die iranischen Behörden haben in der Vergangenheit häufig Menschenrechtsverletzungen verschleiert und die Betroffenen entmenschlicht. Entsprechend dieser Linie haben die Behörden keinerlei Informationen über die Identität der zum Tode verurteilten Personen preisgegeben.

Unfaire Verfahren und Folter

Allen Personen wurde ein faires Gerichtsverfahren verweigert, welches die Rechte auf eine angemessene Verteidigung und einen Rechtsbeistand ihrer Wahl sowie das Recht zu schweigen und das Recht auf eine faire, öffentliche Anhörung beinhaltet. Zudem wurde in ihren Fällen gegen die Unschuldsvermutung verstoßen. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge wurden mindestens zehn Männer gefoltert, darunter Hamid Ghare-Hasanlou, Toomaj Salehi und Mohammad Ghobadlou. Ihre durch Folter erlangten "Geständnisse" wurden von den Behörden als Beweise eingesetzt. Staatliche Medien strahlten vor den Prozessen mehrerer Angeklagter deren erzwungene "Geständnisse" aus.

Musterbrief

Appelle an

Oberste Justizautorität
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
BELGIEN

Kopien an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
S.E. Herr Abbas BAGHERPOUR ARDEKANI
Jauresgasse 9, 1030 Wien
Fax: (+43 / 1) 713 57 33
E-Mail: public@iranembassy-wien.at

Amnesty fordert:

  • Bitte heben Sie umgehend alle Schuldsprüche und Todesurteile auf. Sehen Sie bitte von weiteren Todesurteilen ab und sorgen Sie dafür, dass alle Personen, die einer als Straftat anerkannten Handlung angeklagt sind, in Verfahren verurteilt werden, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und nicht auf die Todesstrafe zurückgreifen.
  • Bitte lassen Sie alle Inhaftierten frei, die lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte inhaftiert sind.
  • Sorgen Sie dafür, dass die Inhaftierten Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhalten und vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt sind. Stellen Sie sicher, dass Foltervorwürfe untersucht und die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.
  • Bitte stellen Sie sicher, dass unabhängige Beobachter*innen aus Ländern mit Botschaften im Iran Zugang zu den Verfahren mit möglichen Todesurteilen im Zusammenhang mit den Protesten erhalten.
  • Verhängen Sie bitte umgehend ein offizielles Hinrichtungsmoratorium mit dem Ziel, die Todesstrafe ganz abzuschaffen.
  • Bitte sorgen Sie auch dafür, dass unabhängige Beobachter*innen aus Ländern mit Botschaften im Iran Zugang zu den Verfahren mit möglichen Todesurteilen im Zusammenhang mit den Protesten erhalten.

Inhalt

Dear Mr Gholamhossein Mohseni Ejei,

I am gravely concerned that a great number of people are at grave risk of execution by the Iranian authorities following grossly unfair sham proceedings involving charges of “enmity against God” (moharebeh), “corruption on earth” (efsad-e fel arz) and “armed rebellion against the state” (baghi) in connection to the nationwide protests.

The individuals have all been denied fair trials, including the rights to adequate defence and access to lawyers of their choosing; to be presumed innocent; to remain silent; and to receive a fair, public hearing. According to information available to Amnesty International, at least 10, including Hamid Ghare-Hasanlou, Toomaj Salehi and Mohammad Ghobadlou were tortured and authorities used their torture-tainted “confessions” or those of others as evidence. State media also broadcast forced “confessions” of several defendants prior to their trials.

I urge you to immediately quash all convictions and death sentences, refrain from seeking further death sentences, and ensure that anyone charged with a recognizable criminal offence is tried in proceedings meeting international fair trial standards without recourse to the death penalty.

I urge you to release all those detained for peacefully exercising their human rights. I urge you to provide detainees access to their families and lawyers of their own choosing, protect them from torture and other ill-treatment and investigate torture allegations, bringing anyone found responsible to justice in fair trials; and grant independent observers from embassies access to capital trials connected to protests.

Finally, I urge you to immediately establish an official moratorium on executions with a view of abolishing the death penalty.

Yours sincerely,

Fordere mit uns Freiheit für Protestierende im Iran

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