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Algerien: Journalist Ihsane El Kadi freigelassen

Am 1. November 2024 wurde der Journalist Ihsane El Kadi aus dem Gefängnis El Harrach freigelassen, nachdem der algerische Präsident mehr als 4.000 Gefangene begnadigt hatte.

Ihsane El Kadi war jahrzehntelang als Journalist, Chefredakteur und Gründer des unabhängigen Medienunternehmens Interface Media eine kritische Stimme gegenüber den algerischen Behörden. Der Journalist war seit dem 24. Dezember 2022 willkürlich inhaftiert und verbüßte eine ungerechtfertigte fünfjährige Haftstrafe, weil er sein Recht auf Pressefreiheit wahrgenommen hatte. Das Medienunternehmen Interface Media darf seine Arbeit nach wie vor nicht wieder aufnehmen.

Nachdem er fast zwei Jahre lang in willkürlicher Haft war, haben die algerischen Behörden den 65-jährigen Journalisten am 1. November 2024 um 1 Uhr nachts aus dem Gefängnis El Harrach entlassen. Dies geschah einen Tag, nachdem Präsident Abdelmadjid Tebboune einen Erlass zur Begnadigung von über 4.000 Gefangenen unterzeichnet hatte. Die Behörden behalten nach der Freilassung des Journalisten jedoch weiterhin die Pässe von Ihsane El Kadi und seiner Frau ein und verletzen damit ihr Recht auf Freizügigkeit. 

Kritische Stimme Algeriens

Ihsane El Kad ist für seine unabhängigen und oft kritischen Veröffentlichungen bekannt. Er ist der Gründer von Interface Media, einer Mediengruppe, zu der die unabhängigen Online-Sender Radio M und Maghreb Emergent gehören. Ihsane El Kadi hat mehrere Artikel verfasst, in denen er die algerischen Behörden kritisierte, unter anderem wegen Menschenrechtsverletzungen. Die Behörden gingen daraufhin gegen ihn und seine Medienunternehmen vor. Am 2. April 2023 verurteilte ihn das erstinstanzliche Gericht von Sidi M'hamed in Algier unter anderem wegen der Entgegennahme von Geldern, „die der Sicherheit des Staates schaden könnten“, und wegen der Entgegennahme ausländischer Gelder „für politische Propaganda“ zu fünf Jahren Haft, und zwar ausschließlich im Zusammenhang mit der Ausübung seines Rechts auf Pressefreiheit. Am 18. Juni 2023 erhöhte das Berufungsgericht in Algier seine Haftstrafe auf sieben Jahre, die am 5. Juli 2024 im Rahmen eines Erlasses von Präsident Abdelmadjid Tebboune um zwei Jahre reduziert wurde. Die Behörden bestätigten die Auflösung von Interface Media im Juli 2024, wodurch auch Radio M gezwungen war, den Betrieb einzustellen. Dies ist ein schwerer Schlag für das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Medienfreiheit in Algerien, da Radio M zu den letzten unabhängigen Medien des Landes gehörte. 

Vielen Dank an alle Unterstützer*innen, die sich für Ihsane El Kadi eingesetzt haben!

Nach seiner Freilassung übermittelte Ihsane El Kadi Amnesty International seine „unendliche Dankbarkeit“ gegenüber denjenigen, die sich für seine Freilassung eingesetzt hatten. Er habe keinen Zweifel daran, dass die internationale Kampagne für seine Freilassung die Entscheidung der Behörden beeinflusst habe, ihn zu begnadigen. Darüber hinaus ist Ihsane El Kadi der Ansicht, dass die Behörden seine Haftbedingungen verbessert haben und davon abgehalten wurden, ihn zu misshandeln, da sein Fall durch den weltweiten Aktivismus in der Öffentlichkeit bekannt war. Ihsane El Kadi unterstrich die Bedeutung von globalem Aktivismus und Solidarität und erklärte, dass internationale Kampagnen von entscheidender Bedeutung sind, um den Inhaftierten Hoffnung zu geben und ihnen zu versichern, dass die Welt ihre Notlage nicht vergessen hat. In einer Botschaft an die Menschen, die noch immer in Haft sind, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben, sagte er, dass seine Begnadigung ein Beweis für die Wirkung der weltweiten Aufrufe an die algerischen Behörden sei. Er verwies auf die Notwendigkeit, „unsere gemeinsame Menschlichkeit“ zu betonen, da die Solidarität und der Schutz der Rechte und Freiheiten über Grenzen hinausgehen. Am 4. November veröffentlichte Ihsane El Kadi ein Video, in dem er sich bei allen bedankt, die weltweit aktiv geworden sind und ihn und seine Familie unterstützt haben.

Unter den 4.000 begnadigten Gefangenen waren neben Ihsane El Kadi mindestens 23 weitere willkürlich inhaftierte Journalist*innen und Aktivist*innen, darunter der prominente Aktivist Mohamed Tadjadit, der als „Dichter des Hirak“ bekannt ist – einer Protestbewegung, die am 22. Februar 2019 begann und sich gegen eine fünfte Amtszeit des damaligen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika richtete. Zu den Freigelassenen gehört auch der Menschenrechtsverteidiger Mohad Gasmi, der seit Juni 2020 inhaftiert war.