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Weltweit lagern in Saatgutbanken Körner zur Sicherung der Welternährung. Ein Tresor in Spitzbergen dient als Backup. Doch es gibt Kritik.
Die norwegische Regierung ließ 2008 eine Kiste mit Reiskörnern von den Philippinen in den Stollen eines ehemaligen Bergwerks auf Spitzbergen einlagern. Der "Saatguttresor" (Svalbard Seed Vault) dient Gen- und Saatgutbanken weltweit als Reserve – für den Fall, dass die Saatgutbanken zerstört werden. Samen 5.000 verschiedener Pflanzenarten lagern dort bei minus 18 Grad, darunter mehrere Tausend Muster von Reissorten.
Weltweit sollen rund 1.700 Gen- und Saatgutbanken dabei helfen, die Welternährung zu sichern. Seit die Klimakrise die Bedingungen für die Landwirtschaft immer schneller verändert und die Biodiversität immer rasanter schwindet, werden Saatgutbanken wichtiger. "Wir nutzen nur einen sehr kleinen Teil der essbaren Pflanzensorten für unsere Ernährung", sagt Luis Salazar, Sprecher der Organisation Crop Trust, die für den Saatguttresor auf Spitzbergen zuständig ist.
Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft verschwanden weltweit zahlreiche Reissorten und andere Pflanzenarten von den Äckern. Dies führte dazu, dass die menschliche Ernährung von immer weniger Sorten abhängt. Monokulturen laugen die von schweren Maschinen verdichteten Böden aus, und Schädlinge, die sich von einzelnen Nutzpflanzen ernähren, verbreiten sich schneller. Bäuerinnen und Bauern nutzen mehr Ackergifte und Dünger, deren Rückstände Böden und Wasser belasten, die Artenvielfalt geht dadurch zurück. Es ist ein Teufelskreis.
Die 1.700 staatlichen und privaten Gen- und Saatgutbanken verwahren Muster von insgesamt mehreren Millionen genetisch unterschiedlichen Nutzpflanzen, um diese zu erhalten und Züchter*innen, Landwirt*innen und der Wissenschaft zugänglich zu machen. Insgesamt lagern dort Tausende verschiedene Sorten Reis, vor allem in den Saatgutbanken Asiens.
Gerade Kleinbäuer*innen im globalen Süden können sich oft nur die schlechteren und ertragsschwachen Böden leisten und haben meist nicht genügend Geld, um patentiertes Saatgut von Agrarkonzernen zu kaufen. Die Gen- und Saatgutbanken sollen einen Beitrag zur Vielfalt der Landwirtschaft, zur Biodiversität und zur Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung leisten. Doch es gibt Kritik.
Die Frage ist, ob das Saatgut aus dem Seed Vault nach vielen Jahren noch keimfähig sein wird.
Markus Wolter, Hilfswerk Misereor
Wichtiger als die Saatgutbanken sei, dass das Saatgut der Menschheit auf den Feldern vor Ort erhalten werde, bemängeln das Hilfswerk Misereor und andere Nichtregierungsorganisationen. Denn niemand wisse, ob die eingelagerten Samen dort auch nach Jahrzehnten noch gedeihen, wenn Klimabedingungen sich verändert haben. "Die Frage ist, ob das Saatgut aus dem Seed Vault nach vielen Jahren noch keimfähig sein wird", sagt Markus Wolter von Misereor. Bäuer*innen bräuchten deshalb ihren örtlichen Bedingungen angepasstes Saatgut, das sie auf ihren Feldern draußen weiterentwickeln können.
Das ebenfalls von Crop Trust koordinierte Projekt "Crop Wild Relatives Project" soll Sorten und Nutzpflanzenarten erhalten und neue finden. "Wir erweitern die Artenvielfalt und helfen, sie den Bäuerinnen und Bauern zugänglich zu machen", sagt Luis Salazar vom Crop Trust. Doch viele Nichtregierungsorganisationen bemängeln die Beteiligung von Agrarkonzernen, die ihr Geld mit gentechnisch verändertem Saatgut und Patenten verdienen, während Bäuerinnen und Bauern diese nur gegen hohe Lizenzgebühren nutzen können. Zu der Idee der Saatgutbanken als Mittel der Ernährungssicherung für alle stünden solche Beteiligungen im Widerspruch.
Text: Robert B. Fishman