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Veröffentlicht am 10.9.2020, aktualisiert am 22.9.2023
Der Klimawandel hat bereits heute unmittelbare Folgen für die Menschen. Millionen von Menschen leiden unter den katastrophalen Auswirkungen extremer Wetterkatastrophen, die durch den Klimawandel noch verschärft werden – von anhaltender Dürre in Afrika südlich der Sahara bis hin zu verheerenden Tropenstürmen, die über Südostasien, die Karibik und den Pazifik hinwegfegen. Sengende Temperaturen haben tödliche Hitzewellen in Europa und Waldbrände in Südkorea, Algerien, Kroatien und vielen weiteren Ländern verursacht. In Pakistan kam es zu schweren Überschwemmungen, während eine lang anhaltende und intensive Dürre in Madagaskar dazu führte, dass eine Million Menschen nur sehr begrenzt Zugang zu angemessenen Nahrungsmitteln haben.
Die verheerenden Auswirkungen, die der Klimawandel verursacht und weiterhin verursachen wird, bedeuten für die Menschheit Alarmstufe Rot. Aber es ist noch Zeit, zu handeln. Das weltweit führende wissenschaftliche Gremium für die Bewertung des Klimawandels, der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen bzw. Weltklimarat (IPCC), warnt, dass die globalen Treibhausgasemissionen "spätestens vor 2025 ihren Höhepunkt erreichen und bis 2030 um 43 % reduziert werden müssen, wenn wir den Klimawandel auf 1,5 °C begrenzen und eine vollständige Katastrophe vermeiden wollen."
In den letzten Jahren hat sich der Begriff Klimakrise etabliert, um der Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Folgend des Klimawandels gerecht zu werden. Denn ein ungebremster Klimawandel wird die bestehenden Ungleichheiten zwischen den Menschen vergrößern und ihre katastrophalen Auswirkungen werden im Laufe der Zeit weiter zunehmen. Damit gefährden wir vor allem die heutigen und zukünftigen Generationen. Das Versagen von Regierungen, angesichts der überwältigenden wissenschaftlichen Beweise endlich gegen die Klimakrise vorzugehen, hat das Potential, die größte Menschenrechtsverletzung zwischen Generationen in der Geschichte zu werden.
> Was verursacht den Klimawandel?
> Welche Folgen hat der Klimawandel für den Planeten und die Menschen?
> Klimagerechtigkeit: Wer ist am stärksten von der Klimakrise betroffen?
> Warum ist die Klimakrise ein Menschenrechtsthema?
> Wer ist für die Eindämmung der Klimakrise verantwortlich?
> Warum ist die Energiewende so wichtig?
> Welche Auswirkungen hat die Klimakrise in Österreich?
> Warum wir den Klimawandel stoppen müssen, um Menschenrechte schützen zu können
> Was Amnesty International gegen die Klimakrise und für Klimagerechtigkeit unternimmt
Das Klima des Planeten hat sich im Laufe der geologischen Zeit ständig verändert, mit erheblichen Schwankungen der globalen Durchschnittstemperaturen.
Die aktuelle Erwärmungsperiode verläuft jedoch schneller als alle Ereignisse der Vergangenheit. Wissenschaftliche Erkenntnisse machen deutlich, dass die Menschheit den größten Teil der Erderwärmung des letzten Jahrhunderts verursacht hat. Indem wir Energie für unser modernes Leben produzieren, verursachen wir Treibhausgase – durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe (wie Kohle, Gas oder Öl), Landwirtschaft und Landnutzung.
Der Ausstoß von Treibhausgasen ist heute auf dem höchsten Stand, der in den letzten 800.000 Jahren jemals erreicht wurde. Dieser rasche Anstieg ist ein Problem, weil er unser Klima in einem so rasanten Tempo verändert, dass sich Lebewesen nicht schnell genug daran anpassen können.
Zu den Folgen des Klimawandels zählen nicht nur steigende Temperaturen, sondern auch extreme Wetterereignisse, der Anstieg des Meeresspiegels und die Verschiebung von Wildtierpopulationen und Lebensräumen.
Die dramatischen Auswirkungen des Klimawandels haben mit erschütternder Deutlichkeit gezeigt, wie wichtig eine gesunde Umwelt für die Wahrnehmung all unserer anderen Rechte ist.
Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International
Es besteht ein überwältigender wissenschaftlicher Konsens darüber, dass die globale Erwärmung hauptsächlich vom Menschen verursacht wird: 97% der Klimawissenschaftler*innen sind zu diesem Schluss gekommen.
Eine der bei weitem größten Verursacher der Klimakrise ist die Verbrennung fossiler Brennstoffe – (Kohle, Gas und Öl), die die Konzentration von Treibhausgasen – wie Kohlendioxid – in unserer Atmosphäre erhöht hat. Zusammen mit Landrodungen für die Landwirtschaft (wie etwa aktuell im Amazonas) verursachen fossile Brennstoffe den Anstieg der Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten. Wissenschaftler*innen sind sich dieses Zusammenhangs zwischen Treibhausgasen und globaler Erwärmung/Erderwärmung ebenso sicher wie des Zusammenhangs zwischen Rauchen und Lungenkrebs.
Das ist keine neue Erkenntnis. Die wissenschaftliche Community hat die Daten dazu jahrzehntelang gesammelt und untersucht. Warnungen vor der globalen Erwärmung machten bereits in den späten 1980er Jahren Schlagzeilen.
Im Jahr 1992 unterzeichneten 165 Nationen einen internationalen Vertrag der UNO, das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC). Seitdem haben die Staaten jährlich Tagungen abgehalten (die so genannte "Vertragsstaatenkonferenz" oder COP – Conference oft he Parties), um Ziele und Methoden zur Eindämmung des Klimawandels sowie zur Anpassung an seine bereits sichtbaren Auswirkungen zu entwickeln. Heute sind 197 Länder an die UNFCCC gebunden.
Die Folgen des Klimawandels sind bereits jetzt spürbar, aber sie werden noch schlimmer werden. Die globale Erwärmung hat etwa 1°C über dem vorindustriellen Niveau erreicht. Jedes halbe Grad (oder noch weniger) der Erderwärmung zählt.
Es ist wichtig, im Kopf zu behalten, dass keine Liste der Folgen des Klimawandels erschöpfend sein kann. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Hitzewellen häufiger auftreten und länger andauern werden und, dass extreme Niederschlagsereignisse in vielen Regionen intensiver und häufiger werden. Die Ozeane werden sich weiter erwärmen und versauern, und der globale mittlere Meeresspiegel wird weiter ansteigen. All das wird verheerende Folgen für den Menschen haben.
Die dringende Notwendigkeit, sich mit dem Klimawandel auseinanderzusetzen, ist mit der Veröffentlichung eines wichtigen Berichts im Oktober 2018 durch das weltweit führende wissenschaftliche Gremium zur Bewertung des Klimawandels, den Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC), noch deutlicher geworden. Der IPCC warnt davor, dass wir, um eine katastrophale Erderwärmung zu vermeiden, 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau nicht erreichen oder zumindest nicht überschreiten dürfen. Der Bericht legt die massiven Unterschiede zwischen dem 1,5°C- und dem 2°C-Szenario dar.
Der IPCC-Bericht setzte der Welt eine klare Frist zur Vermeidung der Katastrophe: Die Treibhausgasemissionen müssen bis 2030 gegenüber dem Stand von 2010 halbiert werden, um einen globalen Temperaturanstieg von 1,5°C zu verhindern. Unsere Regierungen müssen daher jetzt sofort Maßnahmen ergreifen, um den aktuellen klimaschädlichen Kurs zu ändern. Je länger wir uns dafür Zeit lassen, desto mehr müssen wir uns auf kostspielige Technologien verlassen, die negative Folgen für die Menschenrechte haben könnten.
Der Klimawandel schadet uns allen und wird uns auch weiterhin schaden, wenn die Regierungen nichts unternehmen.
Doch bestimmte Gruppen spüren heute schon disproportional die negativen Auswirkungen des Klimawandels, darunter Menschen, die Erfahrungen mit Wohnungs- oder Obdachlosigkeit haben, ältere Menschen, Menschen, die von Armut betroffen sind oder armutsgefährdet sind sowie Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen.
Die Folgen der Klimakrise werden außerdem für die folgenden Gruppen noch ausgeprägter sein: Menschen, die von der Landwirtschaft abhängig sind, Menschen die an Küsten leben, sowie alle Menschen, die im Allgemeinen bereits verwundbarer sind, benachteiligt und diskriminiert werden.
Diese Ungleichheiten sind die Basis für die Forderung nach Klimagerechtigkeit: Es ist der Appell an die wohlhabenden Industriestaaten, die am meisten zur Klimakrise beigetragen haben, voranzugehen und einen fairen Beitrag zu leisten, um einige der durch die Klimakrise verursachten Ungerechtigkeiten zu mildern.
Die folgende Liste zeigt, wie der Klimawandel Ungleichheiten weiter verschärfen kann:
Auf nationaler Ebene werden die Menschen in tiefliegenden, kleinen Inselstaaten und weniger entwickelten Ländern zu den am stärksten Betroffenen gehören – viele sind es bereits jetzt. Die Menschen auf den Marshall-Inseln erleben bereits jetzt regelmäßig die verheerenden Überschwemmungen und Stürme, die ihre Häuser und Lebensgrundlagen zerstören. Die Hitzewelle auf der Nordhalbkugel im Jahr 2018 sorgte in ganz Europa und Nordamerika für Schlagzeilen, aber einige der schlimmsten Auswirkungen waren auch an Orten wie Pakistan zu spüren, wo mehr als 60 Menschen starben, als die Temperaturen auf über 44°C stiegen – meist Arbeiter*innen, die bereits zuvor trotz starker Hitze arbeiten mussten.
Die Auswirkungen des Klimawandels und der durch fossile Brennstoffe verursachten Umweltverschmutzung verlaufen außerdem entlang von ethnischen Gruppen und Klassenunterschieden. In Nordamerika treffen die Folgen vor allem ärmere Communities Schwarzer Menschen, die gezwungen sind, giftige Luft einzuatmen, weil ihre Nachbarschaften eher in der Nähe von Kraftwerken und Raffinerien liegen. Bei ihnen treten deutlich höhere Raten von Atemwegserkrankungen und Krebserkrankungen auf, und Schwarze Menschen in den USA sterben dreimal häufiger an Luftverschmutzung als die US-Bevölkerung insgesamt.
Frauen und Mädchen sind unverhältnismäßig stark vom Klimawandel betroffen, weil sie in vielen Ländern eher an den Rand gedrängt und benachteiligt werden. Das bedeutet auch, dass sie in Bezug auf die Folgen von klimabedingten Ereignissen verwundbarer sind, da sie sich weniger schützen können und es für sie schwerer ist, sie zu überstehen.
Zukünftige Generationen werden die sich immer weiter verschlechternden Folgen des Klimawandels erleben, wenn die Regierungen nicht jetzt handeln. Allerdings leiden bereits jetzt Kinder und Jugendliche aufgrund ihrer spezifischen Stoffwechsel-, Physiologie- und Entwicklungsbedürfnisse. Das bedeutet zum Beispiel, dass die ökologisch bedingte Zwangsvertreibung (Klimaflucht), Auswirkungen auf eine ganze Reihe von Rechten haben wird – von Wasser, sanitären Einrichtungen und Nahrung bis hin zu angemessenem Wohnraum, Gesundheit, Bildung und Entwicklung. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Folgen des Klimawandels gerade für die Menschenrechte von Kindern eine Bedrohung darstellen werden.
Indigene Völker gehören zu den Gemeinschaften, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Sie leben oft in marginalen Gebieten und fragilen Ökosystemen, die besonders empfindlich auf Veränderungen in der physischen Umwelt reagieren. Sie pflegen eine enge Verbindung zur Natur und zu ihrem angestammten Land, von dem ihr Lebensunterhalt und ihre kulturelle Identität abhängen.
Unsere Menschenrechte sind eng mit der Klimakrise verbunden, weil sie nicht nur verheerende Auswirkungen auf unsere Umwelt hat, sondern auch auf unser Wohlergehen. Die Klimakrise bedroht unsere Existenz und unsere Rechte – etwa auf unser Recht auf Leben, Gesundheit, Nahrung, Wasser, Wohnung und Lebensgrundlagen.
Je länger Regierungen warten, um sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, desto schwieriger wird es, das Problem zu lösen. Gleichzeitig steigt auch die Gefahr, dass die Emissionen dann durch Mittel verringert werden, die die Ungleichheit eher vergrößern als verringern.
Zu den Beispielen, welche Folgen der Klimawandel für unsere Menschenrechte hat und haben wird, zählen die folgenden:
Wir alle haben das Recht auf Leben und auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit. Aber die Klimakrise bedroht die Sicherheit von Milliarden von Menschen auf unseren Planeten. Das offensichtlichste Beispiel dafür sind Extremwetterereignisse wie Stürme, Überschwemmungen und Waldbrände. Der Taifun Yolanda auf den Philippinen forderte 2013 das Leben von fast 10.000 Menschen. Hitzestress gehört zu den tödlichsten Auswirkungen. Die sommerliche Hitzewelle in Europa im Jahr 2003 führte zum Tod von 35.000 Menschen. Es gibt jedoch viele andere, weniger sichtbare Möglichkeiten, wie die Klimakrise Leben bedroht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prognostiziert, dass die Klimakrise zwischen 2030 und 2050 jährlich 250.000 Todesfälle aufgrund von Malaria, Unterernährung, Durchfall und Hitzestress verursachen wird.
Menschenrechte und die Klimakrise gehen Hand in Hand. Wir können die eine Krise nicht lösen, ohne die andere mitzudenken.
Greta Thunberg
Wir alle haben das Recht auf den höchsten erreichbaren Standard körperlicher und geistiger Gesundheit. Zu den wichtigsten Auswirkungen der Klimakrise auf die Gesundheit zählen laut IPCC ein höheres Verletzungs-, Krankheits- und Sterberisiko durch intensivere Hitzewellen und Brände, ein erhöhtes Risiko der Unterernährung infolge der verringerten Nahrungsmittelproduktion in armen Regionen sowie ein erhöhtes Risiko von Krankheiten, die durch Lebensmittel und Wasser sowie andere Krankheitsüberträger (Vektoren) übertragen werden. Kinder, die traumatischen Ereignissen wie Naturkatastrophen ausgesetzt sind, können an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden. Die gesundheitlichen Auswirkungen der Klimakrise erfordern eine dringende Reaktion, da eine ungebremste Erderwärmung die Gesundheitssysteme und zentrale globale Gesundheitsziele zu untergraben droht.
Wir alle haben ein Recht auf einen angemessenen Lebensstandard für uns und unsere Familien, einschließlich leistbarem und sicherem Wohnraum. Die Klimakrise bedroht unser Recht auf Wohnen jedoch auf vielfältige Weise. Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen und Waldbrände zerstören bereits jetzt die Häuser der Menschen und führen zu deren Vertreibung. Dürre, Erosion und Überschwemmungen können mit der Zeit auch die Umwelt verändern, während der Anstieg des Meeresspiegels die Häuser von Millionen von Menschen auf der ganzen Welt in tief gelegenen Gebieten bedroht.
Wir alle haben das Recht auf sicheres Wasser für den persönlichen und häuslichen Gebrauch und auf sanitäre Einrichtungen, die sicherstellen, dass wir gesund bleiben. Doch eine Kombination von Faktoren wie schmelzender Schnee und Eis, geringere Niederschläge, höhere Temperaturen und der Anstieg des Meeresspiegels zeigen, dass die Klimakrise die Qualität und Quantität der Wasserressourcen beeinflusst und weiterhin beeinflussen wird. Schon jetzt haben mehr als eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser, und die Klimakrise wird das noch verschlimmern. Extreme Wetterereignisse wie Wirbelstürme und Überschwemmungen wirken sich auf die Wasser- und Abwasserinfrastruktur aus, hinterlassen verunreinigtes Wasser und tragen so zur Verbreitung von Krankheiten bei, die durch Wasser übertragen werden. Auch Abwassersysteme, insbesondere in städtischen Gebieten, werden betroffen sein.
71%
der weltweiten Treibhausgasemissionen seit 1988.
1,5°C
darf laut IPCC nicht überschritten werden.
2030
müssen die Treibhausgasemissionen halbiert werden.
Staaten haben die Pflicht, die Folgen des Klimawandels für den Menschen einzudämmen, indem sie möglichst ambitionierte Maßnahmen ergreifen, um Treibhausgasemissionen innerhalb kürzester Zeit zu verhindern oder zu reduzieren. Während wohlhabende Staaten eine Vorreiterrolle übernehmen müssen, auch durch internationale Zusammenarbeit, müssen alle Länder vernünftige Schritte umsetzen, um die Emissionen im vollen Umfang ihrer Möglichkeiten zu reduzieren.
Staaten müssen auch alle notwendigen Maßnahmen setzen, um allen Bürger*innen zu helfen, sich an die vorhersehbaren und unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels anzupassen und so die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Menschenrechte zu minimieren. Dies gilt unabhängig davon, ob der Staat für diese Auswirkungen verantwortlich ist, denn Staaten haben die Pflicht, Menschen vor Schäden durch Dritte zu schützen.
Staaten müssen Schritte unternehmen, um den Klimawandel so schnell und so menschlich wie möglich zu bekämpfen. Bei ihren Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels dürfen sie nicht zu Maßnahmen greifen, die direkt oder indirekt die Menschenrechte verletzen. So dürfen zum Beispiel keine Naturschutzgebiete oder Projekte für erneuerbare Energien auf dem Land von indigenen Völker geschaffen werden, ohne sie zu konsultieren und ihre Zustimmung einzuholen.
Waldbrand in einem indigenen Gebiet im brasilianischen Bundestaat Mato Grosso. Amnesty International nahm im August 2019 Luftaufnahmen der Feuer auf, um das illegale Eindringen in das brasilianische Amazonasgebiet zu dokumentieren, das durch die Politik der Bolsonaro-Regierung angeheizt wurde. © Amnesty International
Bei allen Maßnahmen sollten die Staaten das Recht aller betroffenen Menschen auf Information und Beteiligung sowie ihr Recht auf Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln bei Menschenrechtsverletzungen respektieren.
Die derzeitigen Zusagen der Regierungen zur Eindämmung des Klimawandels sind jedoch völlig unzureichend, da sie bis 2100 zu einem katastrophalen Anstieg der globalen Durchschnittstemperaturen um 3°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau führen würden. Menschen in Ländern wie Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz verklagen ihre Regierungen vor Gericht, weil die es versäumt haben, ausreichende Klimaschutzziele und -maßnahmen zu setzen.
Auch Unternehmen haben eine Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müssen sie die potenziellen Folgen ihrer Aktivitäten auf die Menschenrechte bewerten, Maßnahmen zur Verhinderung solcher Folgen ergreifen und diese auch veröffentlichen. Unternehmen müssen außerdem Maßnahmen setzen, um Menschenrechtsverletzungen zu stoppen, die sie selbst oder in Zusammenarbeit mit anderen Akteur*innen verursachen oder zu denen sie beitragen. Diese Verantwortung erstreckt sich auch auf Menschenrechtsverletzungen infolge der Klimakrise.
Unternehmen, und insbesondere Unternehmen, die fossile Brennstoffe einsetzen, müssen unverzüglich Maßnahmen zur Minimierung der Treibhausgasemissionen ergreifen – auch durch die Verlagerung ihres Portfolios auf erneuerbare Energien. Sie müssen relevante Informationen über ihre Emissionen und Minderungsbemühungen veröffentlichen. Diese Maßnahmen müssen sich auf alle wichtigen Tochtergesellschaften, angeschlossene Unternehmen und Einheiten in ihrer Versorgungskette erstrecken.
Unternehmen, die fossile Brennstoffe einsetzen, gehören seit jeher zu den Hauptverantwortlichen für den Klimawandel – und das ist auch heute noch so. Untersuchungen zeigen, dass nur 100 Unternehmen, die fossile Brennstoffe produzieren, für 71% der weltweiten Treibhausgasemissionen seit 1988 verantwortlich sind.
Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass die großen Unternehmen, die fossile Brennstoffe produzieren, seit Jahrzehnten über die schädlichen Folgen der Verbrennung fossiler Brennstoffe Bescheid wissen. Sie haben versucht, diese Informationen zu unterdrücken und die Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels zu blockieren.
Der rasche Übergang von einem auf fossilen Brennstoffen basierenden Energiesystem zu einer Infrastruktur für erneuerbare Energien ist unabdingbar, wenn die Treibhausgasemissionen bis 2030 weltweit um 43 % gesenkt und bis 2050 das Ziel Netto-Null ("Net Zero", CO2-Emissionen auf Null) werden sollen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die heutigen Regierungen die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen und bewährte grüne Technologien mit echten Lösungen vorantreiben, die weder den Planeten noch die Menschen opfern. Sie dürfen dies nicht zum Problem künftiger Generationen machen. Regierungen weltweit müssen die Unternehmen gesetzlich dazu verpflichten, bei der Energiewende die Menschenrechte zu achten.
Jahrelang unregulierte Praktiken der Industrie bedeuten, dass die negativen Seiten des Batteriebooms zum Beispiel in mineralienreichen Gebieten wie dem "Lithium-Dreieck" in Argentinien, Chile und Bolivien und dem Kobaltabbaugebiet in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) zu spüren sind.
Auch in Österreich sind die Auswirkungen der Klimakrise stark zu spüren. Bereits heute liegt die durchschnittliche Temperaturerhöhung über dem globalen Durchschnitt. Als Binnenland ist Österreich bereits jetzt besonders stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Die negativen Auswirkungen zeigen sich in Österreich unter anderem in Form von zunehmenden und intensiveren Hitzetagen und Hitzewellen.
Wie auch in anderen Ländern spüren bestimmte Gruppen auch heute schon disproportional die negativen Auswirkungen des Klimawandels, wie beispielsweise Menschen, die Obdachlosigkeit erfahren. Obdachlosigkeit verletzt nicht nur das Recht auf angemessenes Wohnen, sondern führt zu weiteren Menschenrechtsverletzungen, vor allem in Bezug auf das Recht auf ein Höchstmaß an Gesundheit und folglich das Recht auf Leben. Die Klimakrise und die damit verbundenen Temperatursteigerungen – Stichwort Hitzetage – verschärfen die Situation zusätzlich. Die Auswirkungen davon spüren Menschen, die Obdachlosigkeit erfahren, überdurchschnittlich stark – wie das Briefing von Amnesty International Österreich aufzeigt – da sie aufgrund von strukturellen und faktischen Hürden keinen Zugang zu sicheren und geschützten Rückzugsorten haben.
Was fordert Amnesty International konkret in Österreich? Als reiches Land mit einem hohen Lebensstandard hat Österreich die Verantwortung, Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen und die Menschenrechte zu wahren. Dazu hat sich Österreich völkerrechtlich verpflichtet.
In Österreich fehlt es jedoch an einem aktiven und menschenrechtskonformen Klimaschutzgesetz. Dieses ist jedoch wichtig, da Österreich aktuell keines seiner Klimaziele erreicht: Das gilt für die Ziele des Pariser Übereinkommens (1.5° Celsius-Limit + Klimaneutralität bis spätestens 2050) sowie das im Regierungsprogramm 2020-2024 angeführte Ziel der Klimaneutralität bis 2040. Österreich braucht daher endlich ein menschenrechtskonformes und wirksames Klimaschutzgesetz!
Amnesty International beobachtet, dass gewisse Proteste in Österreich besonders ungern gesehen werden. Wir sind besorgt über die kriminalisierenden Aussagen von politischen Entscheidungsträger*innen über Klimaaktivist*innen. Etwa Bundeskanzler Karl Nehammer hat Klimaaktivist*innen als “Extremist*innen” bezeichnet.
Wir beobachten zudem seit vielen Jahren, dass es im Zusammenhang mit Klimaprotesten zu Vorfällen von Polizeigewalt kommt. Bereits im Mai 2019 kam es bei einer Klimademonstration zu massiver Polizeigewalt. Auch bei der Mayday Demo in Mai 2020 oder den BlockGas Protesten im März 2023 besteht der begründete Verdacht unrechtmäßiger Polizeigewalt. Grundsätzlich hat die Polizei die Pflicht die Versammlungsfreiheit zu achten, zu schützen und zu gewährleisten und es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Polizei bei Protesten unterschiedlich vorgeht – je nach Anliegen der Protestierenden.
Gerade in einem Rechtsstaat ist Protest eine legitime und wirksame Form der Teilhabe der Gesellschaft. In einer Demokratie sind Proteste neben Wahlen das wichtigste Mittel, einer Meinung kollektiv Ausdruck zu verleihen. Der Staat ist dazu verpflichtet, friedlichen Protest zu ermöglichen und Demonstrierende zu schützen. Denn Protest – also Versammlungs- und Meinungsäußerungsfreiheit – ist ein Menschenrecht. Das bedeutet: Menschen haben das Recht, durch friedlichen Protest ihre Meinung kundzutun und für ihre Überzeugungen auf die Straße zu gehen.
Der Staat und dessen Organe – also etwa die Polizei – hat die Verpflichtung, die Ausübung dieser Rechte zu achten, zu schützen und gewährleisten. Das bedeutet bei Protesten: Die Polizei muss Proteste – auch spontane – durch ihren Einsatz ermöglichen und die Protestierenden schützen.
Wir alle werden mit grundlegenden Menschenrechten geboren, doch diese Rechte sind durch den Klimawandel ernsthaft bedroht. Während die Klimakrise unser aller Leben auf die eine oder andere Weise bedroht, gehören Menschen, die Diskriminierung erfahren, zu denjenigen, die wahrscheinlich am stärksten betroffen sind. Wir alle verdienen gleichermaßen den Schutz vor dieser universellen Bedrohung.
Der Kampf gegen die Klimakrise gibt uns die Chance, das Wohlergehen der Menschen an die erste Stelle zu stellen, indem wir das Recht auf eine gesunde Umwelt verteidigen. Es gibt uns die Möglichkeit, die Menschenrechte zu stärken, indem wir zum Beispiel mehr Menschen den Zugang zu saubereren und billigeren Energieressourcen ermöglichen und Beschäftigungsmöglichkeiten in neuen Bereichen schaffen.
Viele Menschen arbeiten bereits an kreativen, inspirierenden und innovativen Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels. Von Bürger*innen über Unternehmen bis hin zu Städten gibt es überall auf der Welt Menschen, die aktiv an Kampagnen und Lösungen arbeiten, die Menschen und den Planeten schützen. Indigene Völker und Minderheitengemeinschaften haben seit Jahrhunderten nachhaltige Wege entwickelt, um mit der Umwelt in Einklang zu leben. Wir können von ihnen lernen! Mit ihrer Zustimmung können wir von ihrem Wissen profitieren, für unsere eigenen Bemühungen, einen neuen Zugang zu finden, mit unserem Planeten umzugehen.
Amnesty International ist für die Menschenrechte im Pariser Abkommen eingetretet und hat zu strengeren Menschenrechtsstandards im Umgang mit dem Klimawandel beigetragen. Amnesty International unterstützt Umwelt-Organisationen und -Bewegungen dabei, Menschenrechte in ihre Arbeit zu integrieren.
Angesichts der Dringlichkeit der Situation werden wir unser Bemühungen intensivieren, indem wir zeigen, wie sich die Klimakrise auf die Rechte der Menschen auswirkt, und wie Menschen bereits heute auf die Bedrohung durch die Klimakrise reagieren.
Amnesty wird mit einer Vielzahl verschiedener Gruppen und Bewegungen in den entscheidenden Ländern zusammenarbeiten, um den Druck gegen Regierungen und Unternehmen zu erhöhen, die aktuell den Fortschritt im Klimaschutz behindern.
Außerdem werden wir junge Menschen, indigene Völker, Gewerkschaften und betroffene Gemeinschaften dabei unterstützen, einen raschen und gerechten Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft einzufordern, in der niemand zurückgelassen wird. Der Einsatz nationaler und regionaler Menschenrechtsmechanismen kommen als zusätzliche Instrumente zum Einsatz, um den Druck aufrechtzuerhalten.
Amnesty International wird auf die Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Menschenrechtsverteidiger*innen aufbauen, um insbesondere die Arbeit jener Menschen zu stärken, die Land, Nahrung, Gemeinschaften und Menschen schützen – vor den Folgen der Klimakrise, der Gewinnung und Ausweitung fossiler Brennstoffe und der Entwaldung. Die Verteidigung des zivilgesellschaftlichen Raums für Information, Beteiligung und Mobilisierung wird außerdem zur Förderung einer fortschrittlicheren Klimapolitik beitragen.
Amnesty fordert die Regierungen dazu auf:
DU ermöglichst unseren Einsatz für Menschenrechte!
Menschen wie du finanzieren unsere wichtige Arbeit für Menschen und ihre Rechte, indem sie uns regelmäßig kleine Beträge spenden. Nur so können wir uns unabhängig von Wirtschaftsinteressen und politischen Ideologien für gleiche Rechte für alle Menschen einsetzen. Jeder Beitrag, mit dem du uns unterstützen kannst, ist wichtig und schützt die Rechte von Menschen. Vielen Dank!