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Wenige Tage vor dem WM-Finale weigert sich die FIFA weiterhin, Arbeitsmigrant*innen und ihre Familien für erlittenes Unrecht während der Vorbereitung und Durchführung der Fußballweltmeisterschaft in Katar zu entschädigen. Der Fußballverband verstößt damit gegen seine menschenrechtlichen Verpflichtungen, so die Organisationen Human Rights Watch, FairSquare, Equidem und Amnesty International.
Auf Druck von zahlreichen Organisationen, darunter Amnesty International, erklärte die FIFA im Juni in einer Reihe von Mitteilungen, dass sie sich verpflichtet habe, Wege zur Entschädigung von Arbeitsmigrant*innen zu finden, die in Katar gestorben, verletzt oder um ihren Lohn betrogen wurden. Zudem wollte der Weltfußballverband ein unabhängiges Zentrum für Arbeitsmigrant*innen unterstützen.
Am Vorabend des Turniers gab die FIFA jedoch keinen entsprechenden Plan bekannt und kündigte stattdessen einen neuen „Legacy Fund“ an, der derzeit keine Entschädigung für die Arbeiter*innen vorsieht. FIFA-Präsident Gianni Infantino gab außerdem irreführende Kommentare ab, wonach die Arbeitnehmer*innen über einen bestehenden Mechanismus in Katar entschädigt werden können. Dieser ist in Wirklichkeit aber gar nicht dafür eingerichtet, Entschädigungen in nennenswertem Umfang im Zusammenhang mit Todesfällen, Verletzungen und Lohndiebstahl zu leisten.
Jetzt, da die Fußball-WM 2022 aufs Finale zusteuert, fordern die Organisationen Human Rights Watch, FairSquare, Equidem und Amnesty International die FIFA auf, den Legacy Fund zu nutzen, um Entschädigungen für die Arbeiter*innen und die Familien der Verstorbenen zu finanzieren.
Die ungeheuerliche Schönfärberei der FIFA in Bezug auf schwerwiegende Misshandlungen von Arbeitsmigrant*innen in Katar ist eine unheilvolle Taktik, um sich der menschenrechtlichen Verantwortung zu entziehen, Tausende von Arbeiter*innen, die misshandelt wurden, und die Familien derer, die gestorben sind, um diese Weltmeisterschaft zu ermöglichen, zu entschädigen.
Tirana Hassan, geschäftsführende Direktorin von Human Rights Watch
„Die FIFA kassiert Milliarden von Dollar an Einnahmen, weigert sich aber, den Familien der getöteten Arbeiter*innen oder den um ihren Lohn betrogenen Arbeitsmigrant*innen auch nur einen Cent zu zahlen,“ sagt Tirana Hassan, geschäftsführende Direktorin von Human Rights Watch.
In den Monaten vor der Eröffnung der Fußball-WM hatte die FIFA in einer Reihe von Erklärungen und Briefings angedeutet, dass sie die Arbeiter*innen entschädige und ein unabhängiges Zentrum für Arbeitsmigrant*innen unterstützen wolle.
Bei der Anhörung des Europarats zu den Arbeitsrechten in Katar am 13. Oktober erklärte der stellvertretende FIFA-Generalsekretär Alasdair Bell, dass „Entschädigung etwas ist, das wir auf jeden Fall vorantreiben wollen“, und dass „es wichtig ist, dafür zu sorgen, dass alle, die durch die Arbeit bei der Weltmeisterschaft verletzt wurden, in irgendeiner Weise entschädigt werden“.
Die FIFA hat auch der Arbeitsgruppe der Union der Europäischen Fußballverbände (UEFA) für die Rechte der Arbeitnehmer in Katar versichert, dass sie „Entschädigungsmechanismen prüft“.
Am Vorabend des Turniers, am 19. November, reagierte FIFA-Präsident Gianni Infantino auf die Forderungen nach Entschädigung der Arbeiter*innen mit der Aussage, dass der Unterstützungs- und Versicherungsfonds für Arbeitnehmer*innen des katarischen Arbeitsministeriums für die Entschädigung sorgen werde. Alle, die glaubten, dass ihnen eine Entschädigung zustünde, sollten sich an die zuständigen Behörden wenden.
Der 2020 eingerichtete Unterstützungs- und Versicherungsfonds für Arbeitnehmer*innen wurde eingesetzt, um Lohndiebstahl zu entschädigen. Der Fonds ist jedoch nicht in der Lage, Entschädigungen in nennenswertem Umfang für Todesfälle, Verletzungen und Lohndiebstahl in den zehn Jahren vor seiner Einrichtung zu leisten.
Die katarischen Behörden haben es versäumt, trotz wiederholter Anfragen von Human Rights Watch und Amnesty International detaillierte Angaben zu den angekündigten 350 Millionen US-Dollar zu machen, die den Arbeitsmigrant*innen wegen Lohndiebstahls erstattet werden sollten. Darüber hinaus haben Untersuchungen gezeigt, dass der Zugang zu den bestehenden Entschädigungsmechanismen voller Hindernisse ist, dass die Zahlungen gedeckelt sind und dass es für die Arbeitnehmer*innen oder ihre Familien fast unmöglich ist, einen Antrag zu stellen, nachdem sie in ihr Heimatland zurückgekehrt sind.
Familien der Verstorbenen haben oft keinen Anspruch auf Entschädigung, da die Behörden die Todesfälle auf „natürliche Ursachen“ oder „Herzstillstand“ zurückführen, ohne die eigentliche Todesursache zu untersuchen. Nach dem katarischen Arbeitsgesetz müssen Arbeitgeber*innen nur bei Todesfällen und Verletzungen, die auf arbeitsbedingte Ursachen zurückzuführen sind, eine Entschädigung zahlen.
Auf der gleichen Pressekonferenz kündigte die FIFA auch die Einrichtung eines Fonds an, der für Bildungsprojekte in Entwicklungsländern verwendet werden soll. Die Höhe des Fonds ist noch nicht bekannt, frühere Legacy-Fonds waren auf 100 Millionen Dollar festgelegt worden. Die Ankündigung enthält jedoch keinen Hinweis darauf, dass der Fonds zur Entschädigung oder zur Unterstützung eines unabhängigen Zentrums für Arbeitsmigrant*innen verwendet werden soll.
Tausende von Arbeitsmigrant*innen haben illegale Gebühren gezahlt, wurden ihrer Löhne beraubt oder haben sogar ihr Leben verloren, um das lukrativste Sportereignis der Welt zu ermöglichen. Es wäre empörend, wenn der Legacy Fund der FIFA ihren Beitrag nicht anerkennen und sie für ihre Verluste entschädigen würde.
Steve Cockburn, Leiter des Bereichs wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit bei Amnesty International
„Durch einen Kurswechsel könnte die FIFA das Leben der wahren Helden dieser Weltmeisterschaft nachhaltig verbessern. Die Weigerung, dies zu tun, wäre ein schreckliches Armutszeugnis für das Engagement der FIFA für die Rechte der Arbeitnehmer*innen," so Steve Cockburn, Leiter des Bereichs wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit bei Amnesty International.
Darüber hinaus kündigte die FIFA an, Mittel für die Einrichtung eines allgemeineren „labor excellence hub“ in Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bereitzustellen. Aufgabe dieses Zentrums wäre es, „bewährte Praktiken“ in Arbeitsfragen auszutauschen und die Einhaltung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte bei künftigen Turnieren zu unterstützen. Der Zugang zu Rechtsmitteln ist jedoch ein Grundprinzip der Uno-Leitprinzipien, an das die FIFA selbst gebunden ist. Die FIFA ist eine öffentliche Erklärung schuldig, warum sie den Vorschlag für Entschädigungsmaßnahmen ablehnte.
Mit ihrer bisherigen Weigerung, die Arbeitsmigrant*innen zu entschädigen, hat die FIFA die Forderung von Betroffenen und ihren Familien nach einem Entschädigungsfonds und einem unabhängigen Zentrum für Wanderarbeiter trotz breiter Unterstützung durch die Weltöffentlichkeit, Fußballverbände, Sponsor*innen, Politiker*innen und Sportler*innen letztlich ignoriert.
Anstatt für den Schutz der Arbeitsmigrant*innen zu sorgen, hat die FIFA von ihrer Ausbeutung profitiert und die Argumente der katarischen Behörden nachgeplappert, was ihre Komplizenschaft bei all den irreführenden Behauptungen und Ablenkungsmanövern in Bezug auf den Missbrauch von Arbeitsmigrant*innen zeigt.
Nick McGeehan, Gründungsdirektor von FairSquare
„Die FIFA hat echte Forderungen nach Abhilfe für Arbeitsmigrant*innen, auch aus der Fußballindustrie, ignoriert und Beweise für weit verbreitete, nicht entschädigte Missbräuche und die Unzulänglichkeiten der derzeitigen Entschädigungssysteme in Katar nicht zur Kenntnis genommen,“ sagt Nick McGeehan, Gründungsdirektor von FairSquare.