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Das geplante Sozialhilfegesetz wird für mehr Armut in Österreich sorgen. Es widerspricht dem Recht auf soziale Sicherheit und dem Recht auf ein Leben in Würde, kritisiert Amnesty International Österreich in ihrer aktuellen Stellungnahme.
Die geplanten Regelungen könnten die Situation für armutsgefährdete Kinder und Jugendliche, Menschen mit geringer Schulbildung oder geringen Sprachkenntnissen sowie Straftäter*innen gravierend verschlechtern.
Die Begutachtungsfrist des Gesetzesentwurfs endet am Donnerstag, 10. Jänner.
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Ein rückschrittliches Gesetz, das dem gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig schadet: Amnesty International Österreich bezeichnet in ihrer aktuellen Stellungnahme das geplante neue Sozialhilfegesetz als „Verarmungsgesetz“ und kritisiert geplante Regelungen.
„Dieses Verarmungsgesetz ist ein Rückschritt für die Menschen in Österreich. Es wird dafür sorgen, dass es mehr Armut im Land gibt: Die alleinerziehende Mutter von drei Kindern, der an Krebs erkrankte Angestellte oder die Familie mit behindertem Kind – sie alle werden es künftig in Österreich sehr viel schwerer haben. Das widerspricht dem menschenrechtlichen Prinzip, zu dem sich Österreich verpflichtet hat: jedem Menschen, egal woher er kommt und wer er ist, das Recht auf soziale Sicherheit und ein Leben in Würde zu gewähren“, sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
„Menschen in Not zu helfen und jenen, die es nicht so leicht haben, eine Chance geben – darauf konnte sich jeder Mensch in Österreich bis jetzt verlassen. Doch das geplante Gesetz bricht mit diesem wichtigen gesellschaftlichen Prinzip komplett“, sagt Annemarie Schlack.
Menschen in Not zu helfen und jenen, die es nicht so leicht haben, eine Chance geben – darauf konnte sich jeder Mensch in Österreich bis jetzt verlassen. Doch das geplante Gesetz bricht mit diesem wichtigen gesellschaftlichen Prinzip komplett.
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Die Leistungen sollen laut den Erläuterungen zum Gesetzestext ein „wesentliches Instrument“ sein, „um Armut zu vermeiden“ und „die Betroffenen so rasch wie möglich … in den Arbeitsmarkt“ reintegrieren. In der Praxis werden die geplanten Regelungen jedoch genau zum Gegenteil führen.
Sämtliche der im geplanten Gesetz vorgesehenen Höchstsätze an Leistungen liegen unter der von der Statistik Austria errechneten Armutsgefährdungsschwelle in Österreich. Vor allem Menschen, die sich in sozialen Notlagen befinden, erhalten dadurch künftig keine adäquate Unterstützung, kritisiert Amnesty.
Menschen in Österreich, die besonders schutzbedürftig sind, könnten durch die geplanten Änderungen noch stärker in die Armut rutschen – darunter auch Kinder und Jugendliche. Statt sicherzustellen, dass Familien mit mehreren Kindern und alleinerziehende Personen ein Betrag, der über der Armutsgefährdungsschwelle liegt, zur Verfügung steht, wird die Regierung mit dem aktuellen Gesetz die Situation verschärfen. Selbst wenn man die Familienbeihilfe miteinberechnet, bleiben auch künftig betroffene Kinder und Jugendliche armutsgefährdet. „Während die Regierung behauptet, für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, verstellt sie Kindern und Jugendlichen in Österreich die Chance auf ein Leben jenseits der Armut“, sagt Annemarie Schlack.
Der „Arbeitsqualifizierungsbonus“ ist purer Zynismus: Künftig soll ein „monatlicher Mindestanteil“ in Höhe von 35 Prozent des Sozialhilfeanspruchs von der Voraussetzung der Vermittelbarkeit am österreichischen Arbeitsmarkt abhängig gemacht werden. Dieser „Arbeitsqualifizierungsbonus“ bedeutet, dass die bereits geringen Leistungen um weitere mindestens 35 Prozent gekürzt werden. „Es ist nicht nachvollziehbar, warum es sich hier um einen ,Bonus‘ für die betroffenen Menschen handeln soll. Denn tatsächlich werden ihnen damit Leistungen gekürzt“, sagt Annemarie Schlack.
Mit dieser Regelung sind Sprachkenntnisse auf bestimmten Niveaus in Deutsch oder Englisch sowie eine bestimmte Schul- oder Ausbildung ein Kriterium dafür, wer die volle Sozialhilfeleistung beziehen kann. Damit wird die soziale Lage von Menschen mit geringer Schulbildung oder geringen Sprachkenntnissen gravierend verschlechtert.
„Sprachkenntnisse oder Schulbildung dürfen kein Maßstab für ein Leben in sozialer Sicherheit und Würde sein. Jede*r – egal woher er oder sie kommt und welche Sprache er oder sie spricht – hat ein Recht auf Leben in Würde und das Recht auf soziale Sicherheit in Österreich. Zu diesen menschenrechtlichen Grundsätzen hat sich Österreich verpflichtet. Der Gesetzesentwurf soll vor allem Fremde schlechter stellen – ein plumper Versuch, politisches Kleingeld zu schlagen“, sagt Annemarie Schlack.
Künftig soll jenen, die zu mehr als sechs Monaten bedingter oder unbedingter Haft verurteilt werden, für die Dauer der Freiheitsstrafe auch die Sozialhilfe gestrichen werden. „Straftäter*innen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, werden damit doppelt bestraft. Einmal mit der auferlegten Strafe und einmal mit der Kürzung von Leistungen. Die geplante Regelung steht nicht nur in Widerspruch zum Doppelbestrafungsverbot in der Menschenrechtskonvention. Sie steht vor allem einer erfolgreichen Resozialisierung entgegen: Straftäter*innen wird der Schritt zurück in die Gesellschaft erschwert“, sagt Annemarie Schlack.
Österreich verpflichtete sich zur Achtung, zum Schutz und zur Gewährleistung des Rechts auf soziale Sicherheit nach Art. 9 des UN-Paktes für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (WSK-Pakt). Dieses Recht bezieht sich auf Systeme sozialer Sicherheit zum Schutz vor existenziellen Lebensrisiken. Der vorliegende Gesetzesentwurf betrifft dieses Recht unmittelbar.
Laut WSK-Pakt muss das Recht auf soziale Sicherheit „progressiv realisiert“ werden. Das heißt, dass rückschrittliche Maßnahmen nur in absoluten Ausnahmesituationen stattfinden dürfen und gerechtfertigt werden müssen.