„Diese Angriffe gefährden nicht nur die Sicherheit und das Wohlergehen des medizinischen Personals, sondern stellen auch eine ernsthafte Bedrohung für den Zugang der Menschen zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen dar”, so Ronya Alev weiter.
“Der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ist ein Menschenrecht und das Gesundheitspersonal muss diese Gesundheitsleistung ohne Sorge vor Anfeindungen durchführen können. Die derzeitige Rechtslage erkennt den Schwangerschaftsabbruch nicht als Gesundheitsleistung an und fördert damit ein Klima der Stigmatisierung und Unsicherheit.”
Amnesty International Österreich fordert die österreichische Regierung dringend auf, das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit umfassend zu schützen und die Sicherheit von medizinischem Personal zu gewährleisten.
Ärzt*innen dürfen nicht aufgrund ihrer Arbeit eingeschüchtert oder angegriffen werden. Diese Angriffe müssen aufgeklärt und verfolgt werden. Der Staat muss Schritte setzen, um diesem Klima der Stigmatisierung, welches Nährboden für Anfeindungen ist, entgegenzuwirken. Dies erfordert eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs und die Einführung wirksamer Maßnahmen, um den ungehinderten Zugang zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen zu gewährleisten.
Die Erkenntnisse des Berichts beruhen auf Interviews mit acht Ärzt*innen, die in Österreich Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Alle berichteten von Angriffen wie Drohbriefen oder feindseligen Demonstrationen außerhalb ihres Arbeitsplatzes.
Diese feindseligen Handlungen gehen sowohl von Einzelpersonen als auch von organisierten Gruppen aus, die sich gegen einen freien Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen einsetzen. Dies schafft ein bedrohliches Umfeld, das viele dazu zwingt, persönliche Kontaktdaten in öffentlichen Auskunftsregistern zu verbergen, öffentliche Veranstaltungen ohne Sicherheitsmaßnahmen zu meiden oder öffentlich zu verbergen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Zudem signalisiert die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen im Strafgesetzbuch, dass es sich dabei grundsätzlich um eine Straftat handelt.
Stigmatisierung von Schwangerschaftsabbruch
Die Folgen der unvollständigen Entkriminalisierung und der Verweigerung des Status des Schwangerschaftsabbruchs als medizinische Standardleistung sind verheerend, insbesondere für diejenigen, die an vorderster Front arbeiten. Anbieter*innen von Gesundheitsleistungen sind zur Zielscheibe von Schikanen und Einschüchterungskampagnen geworden.
Die Stigmatisierung und die daraus resultierenden Anfeindungen haben auch eine abschreckende Wirkung auf die Verfügbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich. Eine besondere Herausforderung ist die Nachfolge von niedergelassenen Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen.
Eine Gynäkologin berichtete Amnesty, dass ein Mann regelmäßig vor ihrem Arbeitsplatz gegen den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen protestiert, was ihr Sicherheitsempfinden und das ihrer Patient*innen beeinträchtigt.
Ein Gynäkologe berichtete gegenüber Amnesty, dass in seinem Fall sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld Maßnahmen notwendig waren, nachdem Bilder von ihm und seinem Team auf einer Webseite und seine Privatadresse im Internet veröffentlicht wurde (sogenanntes „Doxxing“).