Deine Spende wird heute verdoppelt
Jede Spende bis zum 31. Dezember wird verdoppelt. So entfaltet dein Beitrag doppelte Wirkung und schützt weltweit die Rechte von Menschen in Gefahr.
Die kongolesischen Behörden und drei Industrieunternehmen haben gegen internationale Menschenrechtsnormen und innerstaatliche Standards verstoßen, indem sie u. a. das Recht auf eine gesunde Umwelt missachtet haben. Dies geht aus einem neuen Bericht von Amnesty International hervor, der die möglichen Folgen von Öllecks und Rauchemissionen auf die Gesundheit und sozioökonomische Situation von Anwohner*innen analysiert.
Der englischsprachige Bericht mit dem Titel In the shadow of industries in the Republic of Congo dokumentiert mögliche Umweltfolgen durch die Aktivitäten von zwei Ölkonzernen und einer Recyclingfirma in den Departements Pointe-Noire und Kouilou. Mehrere Fälle von Boden- und Wasserverschmutzung durch Ölaustritt sowie Rauchemissionen aus Aluminium- und Bleiöfen werden beleuchtet. Der Bericht zeigt auch auf, dass die Menschen, die in der Nähe der Ölfördergebiete in der Küstenregion leben, nur unzureichenden Zugang zu Gesundheitsversorgung und Trinkwasser haben.
Während die kongolesische Gesetzgebung zu Umweltfragen als recht fortschrittlich gilt, zeigen unsere dokumentierten Fälle, insbesondere die Errichtung einer Recyclinganlage für Nichteisenmetalle und Kunststoffe sowie der Umgang mit Öllecks, dass die Behörden ihrer Pflicht zum Schutz der Rechte der Menschen, die in der Nähe von Industrieanlagen leben, nicht gerecht werden.
Samira Daoud, Regionaldirektorin für West- und Zentralafrika bei Amnesty International
Der Amnesty-Bericht unterstreicht den erheblichen Mangel an Transparenz bei Umweltverträglichkeitsprüfungen und Kontrollen, da diese nicht veröffentlicht werden. Diese Undurchsichtigkeit hindert NGOs und die Zivilgesellschaft daran, ihre Überwachungsfunktion wirksam wahrzunehmen. Überdies geben die Behörden und Konzerne nur begrenzt Informationen über Umweltkatastrophen und die ergriffenen Maßnahmen heraus.
Nahe der Stadt Pointe-Noire haben die Aktivitäten der Firma TotalEnergies EP Congo, einer Tochtergesellschaft des französischen Unternehmens TotalEnergies, seit 1972 zu mindestens drei Zwischenfällen geführt, zuletzt im Jahr 2011, als Rohöl in die Lagune von Loubi gelangte. Das Unternehmen erläuterte Maßnahmen, die zur Reinigung der Lagune und zur Informatione der Anwohner*innen ergriffen worden waren, aber dennoch kritisierten viele weiterhin die Umweltverschmutzung und den Mangel an Informationen.
Nicht nur die Anzahl der Fische ging zurück, meine Kund*innen beschwerten sich auch über Durchfall und den Geschmack des Fischs.
Fischverkäufer in Pointe-Noire
Mehrere Anwohner*innen berichteten, dass sie nach dem Verzehr von Fisch aus der Lagune unter gesundheitlichen Problemen litten, insbesondere unter Durchfall.
Die Ölfirma beharrt darauf, dass die im Jahr 2021 durchgeführten Wasseranalysen keine Unregelmäßigkeiten aufgewiesen hätten und dass das Unternehmen regelmäßige Tests zur Kontrolle der Grundwasserqualität durchführe. Allerdings sind die entsprechenden Ergebnisse bisher nicht veröffentlicht worden. Trotz der Bitten der Anwohner*innen untersuchten die Behörden nie die möglichen Auswirkungen früherer Öllecks auf die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Gemeinschaften vor Ort, einschließlich des Rechts auf Gesundheit.
In Banga Kayo, 30 km von Pointe-Noire entfernt, werfen die Einwohner*innen dem chinesischen Öl- und Gasunternehmen Wing Wah vor, den Fluss Loémé zu verschmutzen. Sie verweisen auf die mangelnde Transparenz bei den Reparatur- und Folgemaßnahmen im Zuge von Zwischenfällen. Der letzte Vorfall war ein Leck in der Pipeline, die Banga Kayo mit dem Offshore-Ölterminal Djeno verbindet, im Dezember 2022. Die Aktivitäten von Wing Wah wurden vom Umweltministerium mehrmals ausgesetzt und dann wieder gestattet, ohne dass die Öffentlichkeit darüber informiert wurde, ob der Konzern Maßnahmen zur Entschädigung der Betroffenen und Verhinderung künftiger Vorfälle getroffen hatte.
In Vindoulou, am Stadtrand von Pointe-Noire, prangern Anwohner*innen seit Jahren den Rauch an, der aus der Fabrik der Firma Metssa Congo austritt. Es handelt sich um die Emission einer 50 Meter von einer Schule entfernten Recyclinganlage. Diese Tochtergesellschaft des indischen Konzerns Metssa stellt vor allem Bleibarren für den Export her. Im März 2023 wurden von 18 Personen, die in der Nähe der Fabrik leben, Blutproben entnommen und mit Unterstützung von Amnesty International in einem unabhängigen Labor analysiert. Alle Blutproben wiesen Bleikonzentrationen auf, die weit über dem von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als sicher eingestuften Wert lagen.
Kinder müssen häufig husten und sich erbrechen, vor allem wenn der Rauchausstoß sehr stark ist.
Anwohnerin in Vindoulou
Mehrere weitere Einwohner*innen berichteten über ähnliche Symptome. Metssa Congo gibt an, die nötigen Maßnahmen zur Aufbereitung der Emissionen ergriffen zu haben.
Vor dem Bau der Fabrik im Jahr 2013 hat Metssa Congo keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, was gegen kongolesisches Recht verstößt. Trotzdem gewährten die Behörden dem Konzern eine Betriebslizenz. Laut eigenen Angaben hat das Unternehmen 2018 seine Standortlizenz erhalten und erst 2023, also zehn Jahre nach Betriebsaufnahme, eine Umweltverträglichkeitsbescheinigung bekommen.
Die Auswirkungen der Fabrik Metssa Congo auf die Menschenrechte sollten unverzüglich untersucht werden. Darauf müssen sofortige Maßnahmen zur Behebung der festgestellten Schäden folgen; dazu kann auch die Verlegung der Fabrik gehören.
Samira Daoud, Regionaldirektorin für West- und Zentralafrika bei Amnesty International
Der Bericht zeigt auch, dass die Behörden das Recht auf Gesundheit und das Recht auf Wasser der Bewohner*innen von Bondi, Tchicanou und Kouakouala nicht geschützt haben – drei Dörfern, die in der Nähe eines Ölfördergebiets liegen. Obwohl diese Dörfer in den Genuss des staatlichen Programms „Wasser für alle“ kamen, waren ihre Wasserversorgungsanlagen zum Zeitpunkt des Besuchs von Amnesty International nicht mehr funktionsfähig, und das Gesundheitszentrum, das die Bedürfnisse von rund 7.000 Einwohnern abdecken sollte, verfügte über völlig unzureichende Ressourcen.
„Da die Republik Kongo plant, ihre industriellen Aktivitäten zu diversifizieren, fordert Amnesty International den kongolesischen Staat auf, dafür zu sorgen, dass die Unternehmen verantwortungsvoll handeln und ihre Verpflichtungen in Bezug auf Umwelt und Menschenrechte einhalten. Die internationalen Partner sollten sicherstellen, dass die Unternehmen aus ihrem eigenen Land und ihre Tochtergesellschaften die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte einhalten“, sagte Samira Daoud.
„Amnesty International fordert die kongolesischen Behörden außerdem auf, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um das Recht auf Gesundheit und das Recht auf Wasser in Übereinstimmung mit ihren internationalen Menschenrechtsverpflichtungen zu schützen.“
Amnesty International teilte die vorläufigen Ergebnisse dieses Berichts den Unternehmen und den zuständigen Behörden mit, um ihnen im Januar, Februar und März 2024 ein „Recht auf Antwort“ einzuräumen. Als dieser Text verfasst wurde, lagen weder Antworten der Behörden noch von Wing Wah vor. Die Antworten der anderen Unternehmen sind in dem Bericht enthalten.