Polizei ermittelt gegen sich selbst
Misshandlungsvorwürfe gegen Polizeibeamt*innen führen laut einer Studie von ALES (Austrian Center for Law Enforcement Sciences) in Österreich fast nie zu einer Anklage. So bleibt Polizeigewalt für die Täter*innen meist folgenlos. Wenn es überhaupt zu strafrechtlichen Ermittlungen kommt, verlaufen diese meist im Sand. Die Ursache dafür liegt auf der Hand: Polizist*innen ermitteln in diesen Verfahren gegen ihre eigenen Kolleg*innen. Das führt zu Interessenskonflikten und fehlender Unparteilichkeit der involvierten Beamt*innen. Auch ein starker Korpsgeist innerhalb der Polizei kann dazu verleiten, dass sich die Polizist*innen gegenseitig decken.
Unzureichender Rechtsschutz für Betroffene
Für Betroffene von Polizeigewalt ist der Rechtsschutz grundsätzlich unzureichend. Wer eine Anzeige macht, muss im schlimmsten Fall mit einer Gegenanzeige mit dem Vorwurf der Verleumdung durch die Polizei rechnen. Laut der genannten ALES Studie hat die Behörde bei 10 Prozent der Betroffen mit einer Gegenanzeige reagiert. Wenn Betroffenen zudem sogenannte Maßnahmenbeschwerden vor den Verwaltungsgerichten erheben, gehen sie ein sehr hohen Prozesskostenrisiko ein. Wenn die Vorwürfe nicht beispielsweise durch Videos belegbar sind, haben die Beschwerden kaum Aussicht auf Erfolg.
Wenn wir also von Polizeigewalt in Österreich sprechen, dann wissen wir bei Amnesty International aus jahrelanger Beobachtung, dass wir ein massives Problem haben. Aus vielen Gesprächen und Recherchen weiß ich: Viele der Betroffenen wenden sich aus Angst vor Repressalien oder aufgrund ihres fehlenden Vertrauens in die Aufklärung gar nicht erst an die Polizei. Daher ist das ganze Ausmaß von Polizeigewalt nicht bekannt. Und es gibt daher auch keine aussagekräftigen Statistiken über Polizeigewalt in Österreich.