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Schutzsuchende Menschen an der Grenze zurückzuweisen ist nach europäischem und internationalem Recht nicht erlaubt. Sie müssen Zugang zu einem fairen und rechtsstaatlichen Asylverfahren erhalten, in dem ihr Schutzbedarf individuell geprüft wird. Trotzdem beobachten wir in Europa in den letzten Jahren immer wieder illegale und gewaltsame Pushbacks, etwa in Griechenland, Polen und Kroatien. Auch in Österreich wurden kürzlich mehrere Fälle bekannt. Pushbacks finden in Österreich "teilweise methodische Anwendung", urteilte nun letzte Woche das Landesverwaltungsgericht in Graz schon zum zweiten Mal. Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung in Österreich fordert Amnesty International ein, dass der Zugang zu Asylverfahren immer gewährleistet werden muss.
Pushbacks, also Zurückweisungen von schutzsuchenden Menschen an der Grenze ohne die individuelle Prüfung des Schutzbedarfs, sind laut Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention und EU-Recht illegal. Leider scheinen sie in Europa immer häufiger und systematisch zu passieren. Es drängt sich der Verdacht auf, dass solche Zurückweisungen – natürlich informell und unter der Hand – unter dem Deckmantel des Außengrenzschutzes Teil der europäischen Flüchtlingspolitik geworden sind. Pushbacks verletzen das völkerrechtliche Non-Refoulement-Gebot, welches Menschen davor schützen soll, in ein Gebiet abgeschoben zu werden, wo ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Dazu kommt, dass auch die Art und Weise, wie Pushbacks durchgeführt werden, häufig menschenrechtswidrig sind. Amnesty International veröffentlichte im Juni 2021 neue Belege für Folter, Misshandlungen und rechtswidrige Pushbacks von Geflüchteten in Griechenland. An der Grenze zwischen Polen und Belarus gab es zuletzt ebenfalls deutliche Hinweise auf illegale Pushbacks durch Polen, wodurch schutzsuchende Menschen unter grauenhaften Bedingungen an der Grenze festsitzen. Auch die kroatische Polizei schiebt seit Jahren Geflüchtete nach Serbien oder Bosnien-Herzegowina zurück. An der kroatischen Grenze dokumentierte Amnesty International seit Ende 2017 regelmäßig gewaltsame Abschiebungen und massive Gewalt gegen Menschen auf der Flucht und Migrant*innen.
Indem illegale Pushbacks Teil europäischer Flüchtlingspolitik werden, zerstört die EU gerade selbst das Fundament, auf dem sie gebaut ist: nämlich Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.
Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich
Was wir in mehreren europäischen Ländern beobachten, wird nun offenbar auch in Österreich zunehmend zum Problem. Erst im Juli 2021 hatte das Verwaltungsgericht Steiermark in einem Fall festgestellt, dass Sicherheitsorgane ganz bewusst das Ansuchen von Schutzsuchenden um Asyl ignoriert hatten. Nun stand letzte Woche zum zweiten Mal die Polizei in der Steiermark wegen der Rückschiebung eines Schutzsuchenden vor dem Landesverwaltungsgericht. Ein Jugendlicher wurde nach seinem Grenzübertritt in Bad Radkersburg wieder nach Slowenien zurückgeschoben, was, wie das Gericht nun feststellte, rechtswidrig war. Mehr noch, das Gericht schließt daraus, dass Pushbacks in Österreich "teilweise methodische Anwendung" finden. Laut Medienberichten gibt es mehr als ein Dutzend ähnlich gelagerter Verdachtsfälle.
Innenminister Gerhard Karner hat als oberster Polizeichef dafür Sorge zu tragen, dass Pushbacks weder institutionalisiert durch die Behörden noch durch einzelne Beamt*innen durchgeführt werden. Pushbacks sind illegal – das ist also keine Frage der Asylpolitik eines Landes, sondern eine rechtliche Verpflichtung. Der Zugang zu Asylverfahren muss immer gewährleistet sein.
Darüber hinaus sollte der Fokus der österreichischen Regierung nicht auf Grenzschutz und Abschiebungen liegen, sondern auf dem Schutz der Menschenrechte. Amnesty International fordert Innenminister Gerhard Karner auf, sich bei der „Konferenz gegen illegale Migration“, zu der das Innenministerium am 21. und 22. Februar 2022 einlädt, für humanitäre Aufnahme und legale Fluchtwege einzusetzen. „Indem illegale Pushbacks Teil europäischer Flüchtlingspolitik werden, zerstört die EU gerade selbst das Fundament, auf dem sie gebaut ist: nämlich Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte", sagt Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich, und sagt weiter: "Sichere Fluchtwege und humanitäre Lösungen bieten die Möglichkeit einer geregelten Migration, die Menschenrechte schützt und rechtsstaatliche Prinzipien garantiert."