Von Protestierenden abgeschossene Feuerwerkskörper explodieren in der Nähe von Polizist*innen in Tiflis am 2. Dezember 2024. © GIORGI ARJEVANIDZE  AFP  picturedesk.com
Von Protestierenden abgeschossene Feuerwerkskörper explodieren in der Nähe von Polizist*innen in Tiflis am 2. Dezember 2024. © GIORGI ARJEVANIDZE AFP picturedesk.com
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Georgien: Hartes Vorgehen gegen Protestierende – Festnahmen, Misshandlungen und unfaire Gerichtsverfahren

2. Dezember 2024

Die georgische Hauptstadt Tiflis erlebte vier aufeinanderfolgende Protestnächte – und die Polizei setzt weiterhin massiv rechtswidrige Gewalt gegen Demonstrierende ein. 

Seit dem 29. November haben Demonstrierende in Tiflis in vier unruhigen Nächten wichtige Straßen blockiert. Die Proteste richten sich gegen die Ankündigung der Regierung, die EU-Beitrittsgespräche nicht vor 2028 fortzusetzen. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen. Bei den Zusammenstößen gab es zahlreiche Verletzte. Videoaufnahmen zeigen, wie friedliche Demonstrierende und Journalist*innen brutal zusammengeschlagen werden. 

Einige Demonstrierende wehrten sich gegen die Polizei, warfen Molotowcocktails und Steine. Daraufhin nahmen die Behörden 224 Personen wegen Ungehorsams und Rowdytums fest. 

Menschenrechtsgruppen haben alarmierende Fälle von Polizeibrutalität, Folter und anderen Misshandlungen dokumentiert, einschließlich der Verweigerung medizinischer Versorgung. Bei den Verfahren wurden die Standards für faire Gerichtsverfahren missachtet. Keine*r der für die Übergriffe verantwortlichen Beamt*innen wurde zur Rechenschaft gezogen, was auf eine tief verwurzelte Kultur der Straflosigkeit hinweist.

Die georgischen Behörden müssen ihr gewaltsames Vorgehen beenden. Dieses fügt denjenigen, die ihr Recht auf Protest wahrnehmen, nicht nur körperlichen, sondern auch psychischen und rechtlichen Schaden zu.

Denis Krivosheev, stellvertretender Direktor für die Region Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International

"Hunderte Demonstrierende, die von der Polizei auseinandergetrieben und festgenommen wurden, waren Gewalt ausgesetzt, die in einigen Fällen als Folter und andere Misshandlung eingestuft werden muss. Die Berichte über schwere Verletzungen häufen sich. Dabei geht es auch um gebrochene Gesichtsknochen, andere Knochenbrüche und Gehirnerschütterungen bei Inhaftierten. Es wird immer deutlicher, dass die Polizei so vorgeht, als ob sie von der Regierung Straffreiheit zugesichert bekäme. Sie nutzt vereinzelte Gewalttaten von Demonstrierenden, die oft durch ihre eigenen Aktionen provoziert wurden, als Vorwand für Repressionen.“

„Anwält*innen und Zeug*innen berichten, dass Inhaftierten eine rechtzeitige medizinische Versorgung oder auch der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert wird. Gleichzeitig müssen sie mit Vergeltungsmaßnahmen in Verwaltungs- oder Strafverfahren rechnen, wobei keinerlei verfahrensrechtliche Garantien eingehalten werden. Dieses seit den Protesten im vergangenen Jahr immer wiederkehrende Muster von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen offenbart die Strategie der georgischen Regierung, den gesamten Staatsapparat zur Bestrafung und Unterdrückung abweichender Meinungen einzusetzen.“

Alle Demonstrierenden, die nur wegen ihrer friedlichen Teilnahme an den Protesten inhaftiert sind, müssen unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

Denis Krivosheev, stellvertretender Direktor für die Region Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International

"Gleichzeitig müssen alle Beamt*innen, die für die unrechtmäßige Anwendung von Gewalt, einschließlich Folter und andere Misshandlungen, verantwortlich sind, in vollem Umfang zur Rechenschaft gezogen werden.“