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Vietnam: Drohende Hinrichtung

Vor 16 Jahren wurde Nguyễn Văn Chưởng wegen mutmaßlichen Mordes in einem unfairen Verfahren zum Tode verurteilt. Am 4. August 2023 wurde seine Familie aufgefordert, die Übergabe des Leichnams zu regeln, was Befürchtungen auslöste, dass seine Hinrichtung unmittelbar bevorstehen könnte.

2008 wurde Nguyễn Văn Chưởng gemeinsam mit zwei weiteren Personen wegen mutmaßlichen Raubüberfalls und Ermordung eines Polizisten im Juli 2007 zum Tode verurteilt. Er weist alle Vorwürfe zurück und hat in Briefen an seine Familie beschrieben, wie er im Polizeigewahrsam gefoltert und anderweitig misshandelt wurde, um ihn dazu zu bringen, den Mord zu gestehen.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der Hinrichtungsmethode. Die Todesstrafe verletzt das Recht auf Leben und ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Bis heute haben 112 Länder die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft, und mehr als zwei Drittel aller Länder haben sie per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.

Fordere jetzt die vietnamesischen Behörden dazu auf, die Hinrichtung von Nguyễn Văn Chưởng umgehend zu stoppen und seinen Fall unabhängig zu überpüfen! Seine Folter- und Misshandlungsvorwürfe müssen unabhängig und unparteiisch untersucht werden.

Die Familie und Rechtsbeistände von Nguyễn Văn Chưởng senden seit 16 Jahren Anträge an Gerichte aller Instanzen, um eine Überprüfung seines Schuldspruchs und des Todesurteils zu fordern. Im Jahr 2011 forderte die Oberste Volksstaatsanwaltschaft den Obersten Volksgerichtshof auf, das Todesurteil von Nguyễn Văn Chưởng umzuwandeln. Dies wurde im Dezember 2011 zurückgewiesen. Der Rechtsbeistand Le Van Hoa, der im Jahr 2013 für das Zentralkomitee für innere Angelegenheiten arbeitete und den Fall von Nguyễn Văn Chưởng prüfte, wies kürzlich in einem Interview auf zahlreiche Ungereimtheiten und Verfahrensverletzungen während der Untersuchungs-, Verfahrens- und Rechtsmittelphasen hin. So gab er beispielsweise an, dass die Analyse der forensischen Spuren am Tatort erhebliche Widersprüche aufwies; dass das Schwert und die Messer, die Nguyễn Văn Chưởng und seine Mitangeklagten laut Polizeiangaben als Mordwaffen benutzt haben sollen, nicht die Verletzungen des Getöteten herbeigeführt haben konnten; dass die Zeugenaussagen vor Gericht zahlreiche Widersprüche aufwiesen; und dass das Alibi von Nguyễn Văn Chưởng trotz polizeilicher Anweisung nicht angemessen untersucht wurde, dies beinhaltete z. B. die Ortung seines Handys, die bestätigen könnte, dass er zum Tatzeitpunkt nicht vor Ort war.

Staatlichen Medienberichten zufolge sind zudem mehrere Personen aus seinem Dorf bereit auszusagen, dass sie Nguyễn Văn Chưởng zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt dort gesehen hatten – 40 Kilometer vom Tatort entfernt. Zwei von ihnen, die dies bereits bezeugt hatten, berichteten, dass sie von Polizeikräften misshandelt und genötigt worden seien, ihre Aussage zurückzuziehen. Das Stadtgericht von Hải Phòng stützte sich bei der Verurteilung jedoch trotzdem vornehmlich auf die Angaben der Polizei.

Statistiken über die Anwendung der Todesstrafe gelten in Vietnam nach wie vor als Staatsgeheimnis. Es werden weiterhin Todesurteile wegen Mordes, Drogendelikten und Wirtschaftsverbrechen wie Veruntreuung verhängt. Es gibt nur wenige Medienberichte über Hinrichtungen, doch Amnesty International ist der Überzeugung, dass jedes Jahr zahlreiche Hinrichtungen vollstreckt werden.

Folter und andere Misshandlungen sind nach dem Völkerrecht streng verboten, in Vietnam jedoch nach wie vor gängige Praxis. Vietnam ist Vertragsstaat des IPbpR und hat das UN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (UN-Antifolterkonvention) ratifiziert. Als Vertragsstaat dieser Übereinkommen ist Vietnam verpflichtet, dafür zu sorgen, dass niemand Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe ausgesetzt ist, und dass "Aussagen, die nachweislich durch Folter herbeigeführt worden sind, nicht als Beweis in einem Verfahren verwendet werden, es sei denn gegen eine der Folter angeklagte Person als Beweis dafür, dass die Aussage gemacht wurde." UN-Schutzmechanismen für zum Tode verurteilte Personen schreiben vor, dass die Todesstrafe nur dann verhängt werden darf, wenn die Schuld der angeklagten Person in eindeutiger und überzeugender Weise, die keine andere Erklärung des Sachverhalts zulässt, nachgewiesen wurde.

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