Dem 33-jährigen Rapper Toomaj Salehi drohen viele Jahre Gefängnis. Ein Revolutionsgericht in der Provinz Isfahan verurteilte ihn im April 2024 zum Tode wegen "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz), weil er an den Protesten im Rahmen der Bewegung "Frau, Leben, Freiheit" teilgenommen und Beiträge in den Sozialen Medien veröffentlicht hatte. Darin hatte er die Unterdrückung und Hinrichtungen durch die Behörden der Islamischen Republik verurteilt und Menschenrechte und Freiheit für das iranische Volk gefordert.
Am 22. Juni 2024 teilte der Rechtsbeistand von Toomaj Salehi auf X (ehemals Twitter) mit, dass der Schuldspruch und das Todesurteil gegen Toomaj Salehi wegen "Verdorbenheit auf Erden" (ifsad fil-arz) durch die Abteilung 39 des Obersten Gerichtshofs aufgehoben worden sei. Der Gerichtshof werde den Fall zur weiteren Bearbeitung an ein vorinstanzliches Gericht verweisen. Eine informierte Quelle teilte Amnesty International mit, dass der Fall am 7. Juli an die Abteilung 5 des Revolutionsgerichts von Isfahan verwiesen worden sei. Die Anklage sei nicht bekannt. Geheimdienstangehörige hätten Toomaj Salehi am 10. Juli erneut ohne Beisein eines Rechtsbeistands verhört. Dabei sei es um zwei neue Fälle gegangen, bei denen die friedlichen Aktivitäten von Toomaj Salehi im Visier stehen. So sei der Rapper zu einem neuen Lied befragt worden, das er im März 2024 während seiner Haft veröffentlicht hatte.
Noch am selben Tag wurde er in zwei neuen Fällen angeklagt: Im ersten Verfahren vor einem Revolutionsgericht lautet die Anklage "Verbreitung von Propaganda gegen das System" und "Aufstachelung zum Krieg und zum Töten in der Absicht, die nationale Sicherheit zu gefährden". Im zweiten Verfahren vor einem Strafgericht wird er der "Beleidigung religiöser Heiligtümer" und der "Verbreitung von Lügen in der Absicht, die öffentliche Meinung zu verwirren" angeklagt. Im Falle einer Verurteilung droht ihm eine lange Haftstrafe.
Festnahme und Folter
Sicherheitskräfte hatten Toomaj Salehi am 30. Oktober 2022 in der Provinz Chaharmahal und Bakhtiari willkürlich festgenommen und sich einen Monat lang geweigert, seiner Familie seinen Aufenthaltsort mitzuteilen. Somit war er einen Monat lang Opfer des Verschwindenlassens. Er wurde in eine dem Geheimdienst der Revolutionsgarden unterstehende Hafteinrichtung innerhalb des Zentralgefängnisses von Isfahan verlegt, bevor er nach 252 Tagen in die öffentliche Abteilung des Gefängnisses verlegt wurde.
Nachdem er am 18. November 2023 gegen Kaution freigelassen worden war, sagte er in einem auf seiner YouTube-Seite veröffentlichten Video, dass er während der Haft gefoltert wurde, unter anderem durch wiederholte Schläge, die zu Brüchen in seinen Händen und Beinen führten, und dass er zwei Tage lang bewusstlos war. Er gab an, im Gefängnis habe man ihm eine unbekannte Substanz in den Nacken gespritzt und ihn psychologisch gefoltert, unter anderem sei er acht bis neun Monate lang in Isolationshaft gehalten worden.
Eine informierte Quelle berichtete Amnesty International außerdem, dass Sicherheitskräfte ihn mit Wasser übergossen und ihn mit Elektroschocks an den Füßen gefoltert hätten; sie hielten ihm eine Pistole an den Kopf und drohten, ihn zu töten und in ein von ihnen gegrabenes Loch zu werfen; sie traten auf seine Brust; brachen ihm das Bein durch das Zuschlagen einer Autotür und fügten ihm eine Augenverletzung zu, die sein Sehvermögen beeinträchtigt.
Toomaj Salehi wurde am 30. November 2023 erneut festgenommen und ist im Zentralgefängnis von Isfahan inhaftiert. Er leidet nach wie vor an folterbedingten Verletzungen, darunter Schmerzen in seinem Bein und seinen Händen, die operiert werden müssen, aber die Behörden verweigern ihm den Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung.
Verfahren
Im Juli 2023 war Toomaj Salehi in einem unfairen Prozess, in dem ihm zwei Monate lang der Zugang zu einem Rechtsbeistand verwehrt wurde, in sechs der acht gegen ihn erhobenen Anklagepunkte für schuldig befunden und zu 18 Jahren und neun Monaten Gefängnis und 40 Peitschenhieben verurteilt. Im November 2023 hob der Oberste Gerichtshof dieses Urteil auf, zog fünf der acht Anklagepunkte zurück und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an die Abteilung 1 des Revolutionsgerichts in Isfahan zurück. Im Januar 2024 bezeichnete das Revolutionsgericht das Urteil des Obersten Gerichtshofs als lediglich "beratend" und ordnete eine neue Anklageschrift der Staatsanwaltschaft an, in der alle bisherigen Anklagepunkte beibehalten und zwei neue hinzugefügt wurden. Im April 2024 wurde Toomaj Salehi zum Tode verurteilt.