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Iran: Stoppt die Hinrichtung von Abbas Deris!

Abbas Deris nach unfairem Verfahren zum Tode verurteilt

Der Witwer und Familienvater Abbas Deris ist in großer Gefahr, im Iran hingerichtet zu werden! Er wurde aufgrund erzwungener "Geständnisse" im Zusammenhang mit den Protesten 2019 zum Tode verurteilt.

Ab dem 15. November 2019 gingen zehntausende Menschen im Iran auf die Straße, um zu protestieren. Die Protestierenden forderten eine Umgestaltung des politischen Systems des Landes und Verfassungsreformen. Die iranischen Sicherheitskräfte begegneten den Demonstrierenden und unbeteiligten Dritten mit scharfer Munition, Tränengas und Wasserwerfern. Dabei kamen hunderte Menschen ums Leben, darunter mindestens 23 Kinder.

Abbas Deris wurde am 8. Dezember 2019 von Geheimdienst- und Sicherheitsbeamten festgenommen und beschuldigt, an der Tötung eines Polizeibeamten am 18. November 2019 in Mahschahr beteiligt gewesen zu sein. Abbas Deris und seine Familie haben dies immer wieder bestritten.

Ende Oktober 2022 verurteilte ein Revolutionsgericht in Mahschahr Abbas Deris nach einem äußerst unfairen Prozess zum Tode. Im Prozess wurden erzwungene "Geständnisse" eingesetzt, die schon wenige Wochen nach seiner Festnahme im staatlichen Fernsehen ausgestrahlt worden waren. Im Jänner 2024 lehnte der Oberste Gerichtshof Abbas Deris' Antrag auf eine gerichtliche Überprüfung seines Falles ab, obwohl seine Rechte auf ein faires Verfahren in eklatanter Weise verletzt wurden. Sein Rechtsbeistand hat eine spezielle Berufung eingelegt, die noch ausständig ist.

Kurz nach Abbas Deris' Festnahme starb seine Frau. Ihre drei gemeinsamen Kinder könnten bald zu Vollwaisen werden. In einem Video bitten sie die internationale Gemeinschaft eindringlich um Hilfe, ihren Vater zu retten!

Fordere jetzt, dass das Todesurteil gegen Abbas Deris sofort aufgehoben wird!

Jetzt einsetzen!

Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit Vor- und Nachname an den Adressaten im Land gesandt.

Hintergrundinformationen

Dem Demonstranten Abbas Deris droht im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im November 2019 die Hinrichtung. Er wird im Sepidar-Gefängnis in Ahvaz in der Provinz Chuzestan festgehalten. Am 4. Juli 2023 erklärte sein Rechtsbeistand öffentlich, dass der Oberste Gerichtshof die Verurteilung und das Todesurteil von Abbas Deris wegen "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) bestätigt habe. Nach öffentlichen Erklärungen seiner Rechtsbeistände beschuldigen die Behörden Abbas Deris, an der Tötung eines Polizeibeamten während der Proteste in Mahschahr (Provinz Chuzestan) am 18. November 2019 beteiligt gewesen zu sein. Abbas Deris und seine Familie haben dies wiederholt bestritten.

Seit der Festnahme von Abbas Deris durch Geheimdienst- und Sicherheitsbeamte am 8. Dezember 2019 in der Provinz Chuzestan verletzen die Behörden in grober Weise seine Rechte auf ein ordnungsgemäßes Verfahren. Sein Prozess vor der Abteilung 1 des Revolutionsgerichts von Mahschahr, der aus zwei Anhörungen am 10. Mai 2022 und am 13. September 2022 bestand, war grob unfair. Seine erzwungenen "Geständnisse", eine Waffe auf Sicherheitskräfte abgefeuert zu haben, wurden Ende Dezember 2019, schon Wochen nach seiner Festnahme und noch vor seinem Prozess, im iranischen Staatsfernsehen ausgestrahlt. Durch die Ausstrahlung dieses erzwungenen "Geständnisses" verletzten die Behörden mehrere Rechte von Abbas Deris, das Recht auf Unschuldsvermutung, das Recht sich nicht selbst zu belasten und das Recht zu schweigen.

Amnesty International hat wiederholt dokumentiert, dass die iranischen Behörden nach Folter und anderen Misshandlungen "Geständnisse" erzwingen und dass sich die Richter*innen der Revolutionsgerichte auf solche "Geständnisse" stützen, um Verurteilungen und Todesurteile auszusprechen. Gegen Abbas Deris ist außerdem ein Verfahren wegen "Mordes" vor der Abteilung 3 des Strafgerichts 2 in der Provinz Chuzestan anhängig, das auf denselben Vorwürfen beruht wie das Verfahren vor dem Revolutionsgericht.

Im Jänner 2024 lehnte der Oberste Gerichtshof Abbas Deris' Antrag auf eine gerichtliche Überprüfung seines Falles trotz eklatanter Verstöße gegen seine Rechte auf ein faires Verfahren ab. Sein Rechtsbeistand hat einen Antrag auf eine Sonderberufung auf der Grundlage von Artikel 477 der iranischen Strafprozessordnung gestellt, wonach die Oberste Justizautorität ein rechtskräftiges Urteil, das seiner Ansicht nach gegen die Scharia verstößt, an eine besondere Abteilung des Obersten Gerichtshofs zur endgültigen Entscheidung weiterleiten kann. Diese Berufung ist noch anhängig.

Abbas Deris ist Witwer und Vater von drei Kindern. In einem Video, das Mitte Juli 2023 im Internet verbreitet wurde, bitten seine Mutter und seine drei Kinder die Welt um Unterstützung bei der Forderung, die Verurteilung und das Todesurteil ihres Vaters aufzuheben, und verweisen darauf, dass ihnen angesichts des Todes ihrer Mutter kurz nach der Festnahme von Abbas Deris nur noch ihr Vater geblieben sei.

Mohsen Deris, der Bruder von Abbas Deris, wurde ebenfalls am 8. Dezember 2019 festgenommen und beschuldigt, an der Tötung eines Polizeibeamten am 18. November 2019 in Mahschshar beteiligt gewesen zu sein. Staatliche iranische Medien strahlten nur wenige Wochen nach seiner Festnahme Ende Dezember 2019 erzwungene "Geständnisse" von Mohsen Deris aus, denen zufolge er bei Protesten auf Sicherheitskräfte geschossen habe. Der Rechtsbeistand von Mohsen Deris gab bekannt, dass er in seinem Vorfahren vor dem Revolutionsgericht von den Vorwürfen freigesprochen wurde. Am 22. Oktober 2023 wurde Mohsen Deris auf Kaution freigelassen.

Proteste im Jahr 2019

Am 15. November 2019 gingen Zehntausende Menschen in ganz Iran auf die Straße, um zu protestieren, nachdem die Regierung zuvor über Nacht eine beträchtliche Erhöhung der Treibstoffpreise angekündigt hatte. Der Schwerpunkt der Proteste weitete sich schnell auf umfassendere Vorwürfe gegen das politische Establishment aus und führte zu Forderungen nach einer Umgestaltung des politischen Systems des Landes und auch nach Verfassungsreformen sowie nach einem Ende des Systems der Islamischen Republik. Die iranischen Sicherheitskräfte setzten rechtswidrige Gewalt gegen Protestierende und unbeteiligte Dritte ein, darunter scharfe Munition, Metallkugeln, Tränengas und Wasserwerfer. Amnesty International hat die Umstände von Hunderten rechtswidriger Tötungen von Protestierenden und unbeteiligten Dritten dokumentiert. Darunter befanden sich auch mindestens 23 Kinder, die während der Niederschlagung der Massenproteste zwischen dem 15. und dem 19. November 2019 auch in Mahschahr (Provinz Chuzestan) von Sicherheitskräften getötet wurden.

Die Behörden verschleiern auch weiterhin die tatsächliche Zahl der Personen, die während der landesweiten Proteste im November 2019 rechtswidrig von Sicherheitskräften getötet wurden und leugnen und verdrehen die Wahrheit über die Umstände der Tötungen. Während der Proteste schalteten die Behörden das Internet fast vollständig ab, so dass die Menschen im Iran keine Bilder und Videos von der tödlichen Niederschlagung mit dem Rest der Welt teilen konnten.

Systematische Menschenrechtsverletzungen im Iran

Alle, die aufgrund einer Strafanzeige festgenommen oder inhaftiert werden, müssen in voller Übereinstimmung mit den Menschenrechtsverpflichtungen des Iran behandelt werden, die auch das Recht auf ein faires Verfahren beinhalten. Dazu gehören außerdem die Rechte auf einen Rechtsbeistand eigener Wahl, den Zugang zu einer wirksamen rechtlichen Vertretung ab dem Zeitpunkt der Festnahme und während des gesamten Ermittlungs- und Gerichtsverfahrens, auf unverzügliche Vorführung vor einem*einer ordentlichen Zivilrichter*in, auf Anfechtung der Rechtmäßigkeit der Inhaftierung vor einem unabhängigen, unparteiischen Gericht und auf die Unschuldsvermutung sowie das Recht zu schweigen und nicht gezwungen zu werden, sich selbst zu belasten oder sich schuldig zu bekennen, das Recht auf uneingeschränkten Zugang zu relevanten Beweisen; das Recht, nicht aufgrund vager Anschuldigungen inhaftiert zu werden, das Recht auf Vernehmung und Kreuzverhör von Zeug*innen, das Recht auf eine faire, öffentliche Anhörung vor einem zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht und das Recht auf ein öffentliches, begründetes Urteil.

Amnesty International hat im Iran ein Muster aus systematischen Verstößen gegen die Rechte auf ein faires Verfahren während der Festnahme und während des gesamten Ermittlungs-, Gerichts- und Berufungsverfahrens dokumentiert. Gerichte ignorieren routinemäßig Vorwürfe von Folter und anderen Misshandlungen, ohne Untersuchungen anzuordnen, und stützen sich bei Verurteilung und Strafzumessung auf durch Folter verfälschte "Geständnisse", auch in Fällen, in denen die Todesstrafe verhängt wird. Angesichts des irreversiblen Charakters der Todesstrafe legen internationale Menschenrechtsnormen explizit fest, dass derartige Prozesse alle relevanten internationalen Standards zum Schutz des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren genau einzuhalten haben. Die Verhängung der Todesstrafe nach einem Verfahren, dass den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren nicht entsprochen hat, ist laut Völkerrecht ein willkürlicher Entzug des Rechts auf Leben.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe. Die Todesstrafe verletzt das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben und ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen. Amnesty International ruft seit langem alle Länder, die an der Todesstrafe festhalten, einschließlich des Iran, auf, ein Hinrichtungsmoratorium zu erlassen, als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Musterbrief

Appelle an

Oberste Justizautorität
Gholamhossein Mohseni Ejei
c/o Embassy of Iran to the European Union
Avenue Franklin Roosevelt No. 15
1050 Bruxelles
BELGIEN

Kopien an

Botschaft der Islamischen Republik Iran
Herr Abbas BAGHERPOUR ARDEKANI
Jauresgasse 9
1030 Wien
Fax: (+43 / 1) 713 57 33
E-Mail: public@iranembassy-wien.at

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie dringend auf, die Verurteilung und das Todesurteil gegen Abbas Deris unverzüglich aufzuheben. Für den Fall, dass er wegen einer international anerkannten Straftat angeklagt wird, muss sein Verfahren den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen. Dabei darf nicht auf die Todesstrafe oder erzwungene "Geständnisse" zurückgegriffen werden.
  • Ich fordere Sie mit Nachdruck auf, Abbas Deris umgehend Zugang zu seiner Familie, einem unabhängig gewählten Rechtsbeistand und angemessener medizinischer Versorgung zu gewähren. Sorgen Sie bitte dafür, dass er vor weiterer Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und dass seine Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmaßlich Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.
  • Zudem bitte ich Sie dringend, unabhängigen Beobachter*innen Zugang zu Verfahren zu gestatten, die mit den Protesten in Verbindung stehen und bei denen die Todesstrafe verhängt werden kann. Bitte verfügen Sie ein offizielles Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.

Inhalt

Dear Mr Gholamhossein Mohseni Ejei,

Protester Abbas Deris, held in Mahshahr prison, Khuzestan province, is at grave risk of execution after Iran’s Supreme Court rejected his request for a judicial review of his case in January 2024, despite flagrant violations of his fair trial rights. His lawyers have submitted an application for a special appeal based on Article 477 of Iran’s Code of Criminal Procedure, under which the Head of the Judiciary can refer a final judgment he deems as contravening Shari’a law to a special branch of the Supreme Court for a conclusive verdict. This appeal is pending. His death sentence was issued by a Revolutionary Court on 19 October 2022 for “enmity against God” (moharebeh) in relation to a protest in Mahshahr on 18 November 2019 that was violently quashed by security forces who killed dozens of protesters and in which a commander of Iran’s Counter Terrorism Special Forces (NOPO) was also killed. The authorities accused Abbas Deris of involvement in the death of the commander, which he has repeatedly denied. In November 2023, a criminal court separately sentenced him to 14 years in prison in relation to the same alleged offences. An appeal for this case is also pending before the Supreme Court.

Both trials - before Branch One of the Revolutionary Court in Mahshahr and Criminal Court One in Khuzestan province - were grossly unfair. According to an informed source, following Abbas Deris’ arrest on 8 December 2019, Revolutionary Guards agents denied him access to a lawyer for months at the investigation phase, including during interrogations when he was forced to make self-incriminating statements under torture and other ill-treatment. According to information obtained by Amnesty International, he was subjected to beatings, prolonged solitary confinement for two months, and threats to execute his brother and nephew and subject his wife to sexual violence. His forced “confessions” were broadcast on state television, just weeks after his arrest and prior to his trial, violating his right to the presumption of innocence, to not self-incriminate, and to remain silent. His lawyers have publicly condemned his death sentence and argued his innocence, citing serious flaws in the investigation of his case and stating that both court verdicts relied on reports by Revolutionary Guards agents and Abbas Deris’ forced “confessions” obtained by those agents while he was held in solitary confinement. His lawyers also publicly stated that the authorities failed to present evidence against Abbas Deris and that, in upholding his death sentence, the Supreme Court ignored all evidence submitted by the defence.

I urge you to immediately quash the conviction and death sentence of Abbas Deris and release him unless he is charged with an internationally recognizable criminal offence and is given a fair retrial without recourse to the death penalty and excluding torture-tainted “confessions”. Pending his release, grant him regular access to his family and chosen lawyer and to adequate healthcare; and protect him from torture and other ill-treatment, investigating any torture allegations and bringing anyone found responsible to justice in fair trials. Finally, I urge you to grant independent observers access to capital trials connected to protests and immediately establish an official moratorium on executions with a view to abolishing the death penalty.

Yours Sincerely,

Keine Todesstrafe für Abbas

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