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Iran: Menschenrechtsverteidigerin Sharifeh Mohammadi droht Hinrichtung

Sharifeh Mohammadi wurde im Juni 2024 im Iran zum Tode verurteilt, weil sie sich friedlich für Frauen- und Arbeitsrechte sowie für die Abschaffung der Todesstrafe einsetzt. Der Prozess gegen sie entsprach nicht internationalen Standards, und die von ihr erhobenen Folter- und Misshandlungsvorwürfe wurden nie untersucht.

Sharifeh Mohammadi ist Menschenrechtsverteidigerin und kämpft im Iran für die Rechte von Frauen und Arbeitnehmer*innen. Außerdem setzt sie sich für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Am 5. Dezember 2023 wurde sie von Angehörigen des Geheimdienstministeriums willkürlich festgenommen und zu ihrem menschenrechtlichen Engagement befragt. Seitdem wird sie unter schlechten Haftbedingungen festgehalten. Folter- und Misshandlungsvorwürfe, die Sharifeh Mohammadi gegen die Behörden erhob, wurden nie untersucht. 

Am 9. Juni 2024 wurde Sharifeh Mohammadi vor der Abteilung 1 des Revolutionsgerichts von Rascht in der Provinz Gilan wegen „bewaffneter Rebellion gegen den Staat“ (baghi) zum Tode verurteilt. Das Gerichtsverfahren bestand aus einer 30-minütigen Anhörung, die am 9. Juni 2024 stattfand und in keiner Weise den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprach. Sie wurde per Videokonferenz aus dem Gefängnis zugeschaltet und durfte sich nicht äußern. In dem Urteil werden ihre friedlichen Menschenrechtsaktivitäten als „Beweismittel“ gegen sie angeführt, unter anderem der Besitz von Dokumenten, in denen Unterstützung für weibliche Gefangene zum Ausdruck gebracht wurde, sowie ihr Einsatz für die Abschaffung der Todesstrafe und ihre Verbindungen zu der gewerkschaftsnahen Organisation Komiteye-Hamahangi.

Das von Sharifeh Mohammadi gegen das Todesurteil eingelegte Rechtsmittel ist derzeit vor dem Obersten Gerichtshof anhängig.

Fordere jetzt mit uns von der Obersten Justizautorität, alle Pläne Sharifeh Mohammadi hinzurichten zu stoppen und das Todesurteil gegen sie aufzuheben. 

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Am 5. Dezember 2023 wurde Sharifeh Mohammadi von Angehörigen des Geheimdienstministeriums willkürlich in ihrer Wohnung in Rascht festgenommen. Die Sicherheitskräfte beschlagnahmten elektronische Geräte und andere persönliche Gegenstände und brachten sie in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Rascht wo sie nach Angaben einer gut informierten Quelle gefoltert und misshandelt wurde, unter anderem durch wiederholte Tritte gegen die Beine. Dort wurde die Menschenrechtsverteidigerin ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand wiederholt und teils mit verbundenen Augen verhört. Auch der Kontakt zu ihrer Familie wurde ihr verweigert. In den Verhören ging es um ihr menschenrechtliches Engagement; so wurde sie z. B. nach den Gründen für ihre Einstellung gegenüber der Todesstrafe gefragt und weshalb sie politische Gefangene unterstütze. Einige Tage später wurde sie in das Lakan-Gefängnis verlegt, wo sie in Einzelhaft festgehalten und weiterhin zu ihrem Aktivismus befragt wurde. Am 28. Dezember 2023 verlegte man sie unvermittelt in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Sanandaj. Dort wurde sie weiter verhört und laut einer gut informierten Quelle auch gefoltert und in anderer Weise misshandelt, u. a. durch wiederholte Schläge ins Gesicht. Die Sicherheitskräfte wollten sie so dazu bringen, zu „gestehen“, Verbindungen zur verbotenen kurdischen Oppositionsgruppe Komala zu haben. Sharifeh Mohammadi stritt dies jedoch wiederholt ab.

Ende Januar 2024 wurde sie in ein anderes Gefängnis in Sanandaj verlegt und dort in Einzelhaft gehalten. Sie zeigte die Folter an, die sie in der Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums erlitten hatte, doch es wurde keine Untersuchung eingeleitet. Vier Wochen später wurde sie von der Staatsanwaltschaft unter Druck gesetzt, ihre Anzeige zurückzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt waren die sichtbaren Verletzungen in ihrem Gesicht bereits verheilt, und Angehörige der Staatsanwaltschaft teilten ihr mit, dass sie, wenn sie eine Untersuchung wolle, weiterhin im Gefängnis von Sanandaj festgehalten und nicht in das Gefängnis von Lakan, das näher bei ihren Verwandten liegt, zurückverlegt würde. Ende Februar 2024 verlegte man Sharifeh Mohammadi in das Lakan-Gefängnis zurück, nachdem sie ihre Anzeige zurückgezogen hatte.

Bis zur Verlegung von Sharifeh Mohammadi in die allgemeine Abteilung des Lakan-Gefängnisses Anfang März 2024 durfte sie nur wenige, sehr kurze Telefonate mit ihrer Familie führen. Am 11. Juni 2024 wurde Sirous Fattahi, ihr Ehemann, verhaftet und am 20. Juni 2024 gegen Kaution aus dem Lakan-Gefängnis entlassen, nachdem er monatelang immer wieder den Fall von Sharifeh Mohammadi verfolgt hatte. Die Behörden haben inzwischen zwei Verfahren gegen ihn eingeleitet – eines vor einem Revolutionsgericht und ein weiteres vor einem Strafgericht –, und zwar unter fadenscheinigen Anschuldigungen, die ausschließlich mit seinem Eintreten für die Freilassung von Sharifeh Mohammadi zusammenhängen, darunter „Verbreitung von Lügen mit der Absicht, die öffentliche Meinung zu stören“.

Das Verfahren gegen Sharifeh Mohammadi vor der Abteilung 1 des Revolutionsgerichts von Rasht war grob unfair. Ihr Rechtsbeistand hatte nur 10 Minuten Zeit, um eine Verteidigung vorzutragen. In dem von Amnesty International überprüften Urteil vom 30. Juni 2024 werden friedliche Menschenrechtsaktivitäten als „Beweis“ für Sharifeh Mohammadis Handlungen „gegen die Grundlagen der Islamischen Republik Iran“ aufgeführt. In dem Urteil werden als „Beweise“ gegen Sharifeh Mohammadi ihre Unterstützung für die Abschaffung der Todesstrafe im Iran, ihre Dokumentation von Fällen weiblicher Gefangener, die aus politischen Gründen in der Provinz Gilan inhaftiert sind, ihr Besitz von Informationen über die Beteiligung von Arbeitern am Aufstand „Frau Leben Freiheit“ von September bis Dezember 2022 und die in ihren elektronischen Akten gefundenen Kontaktdaten des Koordinationskomitees zur Unterstützung der Gründung von Arbeiterorganisationen genannt. In dem Urteil wird auch behauptet, dass es eine Verbindung zwischen dem Koordinationskomitee zur Unterstützung der Gründung von Arbeiterorganisationen, dem sie bis 2011 angehörte, und der Komala-Partei Kurdistans gibt. Das Koordinierungskomitee zur Unterstützung der Gründung von Arbeitnehmer*innenorganisationen, das weiterhin als unabhängige Organisation zur Förderung der Arbeitnehmer*innen- und Gewerkschaftsrechte tätig ist, hat wiederholt erklärt, dass es ein Ausschuss für Arbeitnehmer*innenrechte ist und keine Verbindung zur Komala-Partei Kurdistans hat. 

Hintergrundinformationen

Seit den „Frau, Leben, Freiheit“ Protesten Ende 2022 machen die iranischen Behörden verstärkt von der Todesstrafe Gebrauch, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und ihre Macht zu festigen. Unter anderem werden vermehrt politisch motivierte Todesurteile gegen Frauen verhängt. Die kurdische zivilgesellschaftliche Aktivistin Pakhshan Azizi wurde im Juli 2024 wegen „bewaffneter Rebellion gegen den Staat“ (baghi) schuldig gesprochen und vor einem Revolutionsgericht allein aufgrund ihres friedlichen Engagements zum Tode verurteilt. Mindestens zwei weitere Frauen, Wrisha Moradi und Nasim Gholami Simiyari, wurden unabhängig voneinander ebenfalls wegen „bewaffneter Rebellion gegen den Staat“ vor Gericht gestellt. Im Jahr 2023 vollstreckten die Behörden mindestens 853 Todesurteile. Angehörige der verfolgten belutschischen Minderheit, die etwa 5 % der iranischen Bevölkerung ausmachen, sind von der Anwendung der Todesstrafe unverhältnismäßig stark betroffen: 20 % aller Hinrichtungen im Jahr 2023 entfielen auf sie. Die Behörden haben die Exekutionen auch 2024 fortgesetzt und dabei auch Angehörige ethnischer Minderheiten und Andersdenkende ins Visier genommen. 

Nach den internationalen Menschenrechtsgesetzen und -standards sind die Behörden verpflichtet, unabhängige, unparteiische und wirksame Ermittlungen zu Folter- und anderen Misshandlungsvorwürfen durchzuführen, wenn Informationen über solche mutmaßlichen Verbrechen vorliegen, auch wenn keine formellen Beschwerden vorliegen. Amnesty International hat wiederholt dokumentiert, wie im Iran die Strafverfolgungsbehörden Vorwürfe von Folter und anderen Misshandlungen routinemäßig abweisen oder leugnen, anstatt sie zu untersuchen. Sie ergreifen keine Maßnahmen, um Überlebende vor Repressalien durch Geheimdienste und Sicherheitskräfte zu schützen, und bestrafen sie stattdessen in einigen Fällen dafür, dass sie Anzeige erstattet haben, was die Straflosigkeit weiter verfestigt. Wenn Überlebende ihre Anzeige nach Repressalien zurückziehen, schließen die Strafverfolgungsbehörden die Angelegenheit ab und gehen davon aus, dass kein Verbrechen begangen wurde.