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Türkei: Berufungsgericht hebt Urteile gegen Amnesty-Vertreter*innen auf

Das türkische Kassationsgericht hat die absurden "Terrorismus"-Verurteilungen gegen führende Vertreter*innen von Amnesty International aufgehoben. Damit ist die politisch motivierte Verfolgung jedoch nicht zu Ende. Das Verfahren von Taner Kılıç, Amnesty-Ehrenvorsitzender in der Türkei, wurde wegen "unvollständiger Ermittlungen" an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.

Das oberste türkische Berufungsgericht am 22.11.2022 die Urteile gegen Taner Kılıç, den Ehrenvorsitzenden der türkischen Amnesty-Sektion, İdil Eser, die frühere Amnesty-Direktorin, sowie die beiden langjährigen Amnesty-Mitglieder Günal Kurşun und Özlem Dalkıran aufgehoben. Das Kassationsgericht entschied damit über den Widerspruch der vier Menschenrechtsverteidiger*innen gegen ihre Verurteilungen zu Haftstrafen aufgrund haltloser "Terrorismus"-Vorwürfe.

Amnesty International begrüsst das Urteil. Die Annulation der Urteile gegen führende Amnesty-Vertreter*innen war überfällig. Unsere Kolleg*innen werden seit fünf Jahren für ihre legitime und wichtige Menschenrechtsarbeit verfolgt. Sie hätten gar nie angeklagt werden dürfen. Die Vorwürfe gegen sie sind konstruiert und wurden vor Gericht widerlegt.

Die willkürliche Verfolgung von Vertreter*innen einer internationalen Menschenrechtsorganisation hat mit der heutigen Entscheidung jedoch noch kein Ende. Die Entscheidung des Gerichts, das Verfahren an die erste Instanz zurückzuweisen, ist enttäuschend. Wie auch dieser unsinnige Prozess deutlich gemacht hat, sind Gerichte in der Türkei der verlängerte Arm der repressiven Regierung. Wir erwarten vom Gericht, an welches das Verfahren zurücküberstellt wurde, dass es diese rein politisch motivierte Verfolgung der Menschenrechtsverteidiger*innen endlich beendet.

Amnesty International mahnt die internationale Gemeinschaft alle bestehenden Verbindungen zur Türkei zu nutzen, und entschieden auf ein Ende der Unterdrückung der Menschenrechte, wie Versammlungs-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, hinzuwirken. Es liegt in ihrer Verantwortung, entschieden auf die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention zu drängen, sowie auf den Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen in der Türkei.

"Während wir heute diese Entscheidung feiern, vergessen wir nicht, dass in der gesamten Türkei viele Menschenrechtsverteidiger*innen im Gefängnis sitzen, in Angst vor Verhaftung leben oder mit ähnlichen unbegründeten Verfolgungen rechnen müssen", sagte Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International.

Wir werden aus dem heutigen Sieg Kraft schöpfen. Wir werden Taner bis zum Ende zur Seite stehen und gegen die unerbittliche Beschneidung der Menschenrechte in der Türkei und für diejenigen kämpfen, die sich von den Drohungen der Regierung nicht zum Schweigen bringen lassen.

Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International

Hintergrund

Elf Menschenrechtsverteidiger*innen wurden im Sommer 2017 unter absurden "Terrorismus"-Vorwürfen festgenommen. Im Oktober 2017 begann der Prozess gegen Taner Kılıç und die als "Istanbul 10" bekannt gewordenen Aktivist*innen. Acht, darunter İdil Eser, Günal Kurşun, Özlem Dalkıran und Peter Steudtner, sassen fast vier Monate in Untersuchungshaft. Taner Kılıç verbrachte über 14 Monate in Untersuchungshaft.

Im Verlauf von etlichen Anhörungen seit Prozessauftakt im Oktober 2017 wurden die «Terrorismus»-Vorwürfe gegen die elf Angeklagten umfassend widerlegt, sogar durch eigene Beweise der türkischen Behörden. Trotzdem verurteilte ein Strafgericht in Istanbul Taner Kılıç am 3. Juli 2020 zu sechs Jahren und drei Monaten Haft wegen der «Mitgliedschaft in einer Terrororganisation». Die ehemalige türkische Amnesty-Direktorin İdil Eser sowie die langjährigen Amnesty-Mitglieder Özlem Dalkıran und Günal Kurşun wurden zu zwei Jahren und einem Monat Haft wegen der «Unterstützung einer Terrororganisation» verurteilt. Sieben weitere angeklagte Menschenrechtsverteidiger*innen wurden freigesprochen.

Im Mai 2022 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die Untersuchungshaft von Taner Kılıç rechtswidrig und willkürlich war und ebenso wie das Strafverfahren gegen ihn unmittelbar mit seiner Tätigkeit als Menschenrechtsverteidiger zusammenhängt. Das Urteil wurde im Oktober rechtskräftig.

Das Kassationsgericht hat die Urteile gegen Taner Kılıç, İdil Eser, Günal Kurşun und Özlem Dalkıran nun aufgehoben. Die vier Fälle werden jetzt vor einem Strafgericht in Istanbul neu verhandelt. Die Justiz in der Türkei wird seit Jahren instrumentalisiert, um die Zivilgesellschaft einzuschüchtern und mundtot zu machen.

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