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Arbeitsrechtsaktivistin Li Qiaochu seit Verhaftung verschwunden

28. Mai 2020

UA-Nummer: UA-028/2020-1
AI Index: ASA 17/2235/2020
Teilnahme an der Aktion bis 10. Juni 2020

Am 16. Februar 2020 wurde Li Qiaochu, Feministin, anerkannte Forscherin zu Arbeitsrechten und Aktivistin gegen geschlechtsspezifische Gewalt, von der Polizei abgeführt. Seither fehlt jeglicher Kontakt zu ihr. Amnesty International geht davon aus, dass ihr Einsatz für Frauen- und Arbeitsrechte und auch das Engagement ihres Partners Xu Zhiyong mit ihrer Verhaftung zu tun hat. In Haft ohne Kontakt zur Außenwelt befindet sich Li Qiaochu in großer Gefahr, gefoltert oder auf andere Weise misshandelt zu werden.

In Gefahr

Offizielle Informationen über ihre derzeitige Situation liegen nicht vor. Li Qiaochu soll „an einem dafür vorgesehenen Ort unter Überwachung“ (指定居所监视居住) gestellt worden sein. Mit dieser Maßnahme können in China Menschen unter bestimmten Umständen für bis zu sechs Monate außerhalb des formellen Haftsystems festgehalten werden, was einer geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt gleichkommt. Ihre Familie erhielt keine Kopie eines Haftbefehls und weiß daher nicht, was ihr zur Last gelegt wird. Die Aktivistin hatte seit Beginn ihrer Inhaftierung keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Am 21. April 2020 forderte ihr Rechtsbeistand auf der Polizeiwache von Dongxiaokou Informationen über ihren Fall, aber erfolglos. Auch sein Besuchswunsch wurde abgelehnt.

Ohne Kontakt zu Li Qiaochu ist auch nicht klar, ob sie – falls nötig – regelmäßigen und uneingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung erhält. Da sie seit Juni 2019 unter Depressionen leidet, ist Amnesty International um ihr physisches und psychisches Wohlergehen besorgt, falls sie keine angemessene Behandlung erhalten sollte.

Beruflich und privat engagiert

Die 29-jährige Li Qiaochu ist eine anerkannte Akademikerin, die wissenschaftlich zu Arbeitsrechten forscht. Sie schloss ihr Studium an der School of Labour and Human Resources der Universität Renmin in China ab. Sie beschäftigte sich seit Langem mit Fragestellungen rund um die rechtliche Gleichstellung von Arbeiter*innen (inkl. Maßnahmen zur sozialen Absicherung von Arbeiter*innen im Ruhestand), Frauen und anderen benachteiligten Gruppen der chinesischen Gesellschaft.

Als die Pekinger Behörden 2017 zahlreiche Wanderarbeiter*innen – die sie als „Bevölkerung mit niedrigem Einkommen“ bezeichneten – nach Zwangsräumungen vertrieben, arbeitete Li Qiaochu mit Freiwilligen, um Informationen über die am schwersten betroffenen Gruppen zusammenzustellen und zu verbreiten. So wollte sie die vertriebenen Arbeitsmigrant*innen darin unterstützen, neue Jobs und bezahlbare alternative Unterkünfte zu finden. Li Qiaochu beteiligte sich zudem aktiv an mehreren #MeToo-Aktionen in China. Sie stellte Daten zusammen, schrieb Berichte und veröffentlichte Online-Posts zur Unterstützung der Bewegung.

Beim Ausbruch von COVID-19 half Li Qiaochu online und offline ehrenamtlich, um der Ausbreitung vorzubeugen bzw. sie zu verlangsamen. Sie verteilte Gesichtsmasken an Mitarbeiter*innen des Gesundheitswesens und leitete schwangere Frauen aus betroffenen Gemeinden zu gegenseitiger Unterstützung an. Als sie geschlechtsspezifische Gewalt in einigen Krankenhäusern beobachtete, begann sie mit einer Gruppe von weiteren Freiwilligen umgehend eine Ausarbeitung von Empfehlungen.

Immer wieder schikaniert

Infolge ihres Aktivismus wurde Li Qiaochu häufig von der Polizei schikaniert. Anfang Dezember 2019 wurden Beamt*innen der Behörde für Öffentliche Sicherheit vor ihrem Haus postiert, die sie auf dem Weg zu und von der Arbeit überwachten.

Bereits am 31. Dezember 2019 war Li Qiaochu von der Polizei vorgeladen. Sie wurde 24 Stunden im Pekinger Büro für Öffentliche Sicherheit festgehalten; dabei verweigerte ihr die Polizei die medizinische Versorgung. Während dieses Gewahrsams wurde Li Qiaochu fast nur zu ihrem Partner Xu Zhiyong befragt. Xu Zhiyong ist einer der vielen Anwält*innen und Aktivist*innen, die im Dezember 2019 an einem informellen Treffen in Xiamen teilgenommen hatten. Nach ihrer Verhaftung im Dezember 2019 entschloss sich Li Qiaochu, online über ihre Behandlung durch die Polizei zu berichten und forderte mehr öffentliche Aufmerksamkeit für weitere Betroffene, die im Zusammenhang mit dem Treffen in Xiamen inhaftiert wurden. Denn seit dem 26. Dezember 2019 verhört oder inhaftiert die Polizei im ganzen Land die Teilnehmer*innen dieses informellen Treffens von Anwält*innen und Aktivist_innen in Xiamen.

Helfen Sie mit.

Appellieren Sie an die chinesischen Behörden und fordern Sie die unverzügliche und bedingungslose Freilassung von Li Qiaochu sowie Zugang zu medizinischer Versorgung.