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Stellungnahme zur "digitalen Ausweispflicht"

23. Mai 2019

Zusammenfassung

  • Registrierungspflicht für Poster: Gesetz zerstört sichere Räume des Austausches
  • Maßnahmen stehen nicht im Verhältnis mit dem Ziel, „Hass im Netz“ zu begegnen: Menschen, die sich zu intimen Themen wie Sexualität, Gewalt oder Krankheit anonym austauschen möchten, werden sich aus dem Diskurs zurückziehen – weil sie fürchten müssen, dass Dritte einfach auf ihre Daten zugreifen können.
  • Amnesty fordert menschenrechtskonforme Maßnahmen gegen „Hass im Netz“

Das geplante Gesetz über „Sorgfalt und Verantwortung im Netz“ wird sichere Räume des Austauschs zerstören. So lautet das Fazit von Amnesty International in ihrer aktuellen Stellungnahme über den Gesetzesentwurf, dessen Begutachtungsfrist heute endet.

Aufgrund der unklaren politischen Situation gehen wir davon aus, dass der Gesetzesentwurf während der Übergangsregierung nicht verabschiedet wird. Amnesty International behält das Thema weiterhin im Auge. Auch Epicenter.Works hat zu diesem Thema eine Stellungnahme abgegeben und einen lesenswerten Artikel dazu geschrieben. 

Amnesty International erkennt an, dass das Phänomen „Hass im Netz“ eine große Herausforderung ist und begrüßt den Schritt der Regierung, etwas dagegen zu tun. Allerdings dürfen Maßnahmen gegen einzelne Hassposter*innen nie auf Kosten von Grundrechten von uns allen gehen.

Amnesty fordert die Regierung daher auf, endlich einen wirksamen und menschenrechtskonformen Plan vorzulegen, um Menschen vor Hass im Netz zu schützen. Darunter fallen etwa Geld für Schulungen, Bewusstseinsbildung und Beratungsstellen. Solche Maßnahmen fördern einen respektvollen Umgang im Netz, unabhängig von Verboten und Gesetzen.

Hintergrund

Wer künftig bestimmte Internetforen, die auf Österreich ausgerichtet sind, benutzen will, muss sich registrieren – und zwar mit Vornamen, Nachnamen und Adresse. Die Forenbetreiber*innen müssen dann die Identität auf Richtigkeit überprüfen. Wenn Menschen in Österreich also künftig im Internet einen Beitrag posten möchten, soll das laut Gesetzesentwurf nicht mehr anonym tun können. Von der Regelung betroffen sind Foren, die mehr als 100.000 registrierte Nutzer*innen haben, mehr Umsatz als 500.000 Euro im Jahr erzielen oder eine Presseförderung von mehr als 50.000 Euro bekommen.

Forenbetreiber*innen müssen die Daten im Fall eines begründeten schriftlichen Verlangens bekannt geben – an Behörden, aber auch an Privatpersonen, sofern z.B. der Verdacht auf Beleidigung oder üble Nachrede bzw. Ehrenverletzung besteht. Ein Gerichtsbeschluss ist dafür nicht nötig. Verstößt ein*e Forenbetreiber*in gegen die im Gesetz vorgesehenen Verpflichtungen, drohen ihm*ihr drastisch hohe Strafen von bis zu 500.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 1.000.000 Euro.

Die Konsequenz: Viele Betreiber*innen könnten ihre Foren schließen, weil das finanzielle Risiko zu groß ist. Viele Menschen in Österreich würden dadurch die Möglichkeit verlieren, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung zu leben. Gleichzeitig könnten viele Menschen aus Angst, dass ihre Daten weitergegeben werden, aus dem Diskurs aussteigen oder verstummen.

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