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COVID-19 im Jahr 2022: Warum Omikron Staaten und Pharmakonzerne endlich wachrütteln sollte

31. Dezember 2021

Reiche Staaten und Pharmakonzerne haben im Jahr 2021 katastrophal dabei versagt, einen gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen zu gewährleisten. Milliarden Menschen wurden dieses Jahr ohne lebensrettende Medikamente im Stich gelassen.

Trotz wiederholter Aufrufe von Amnesty International und anderen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dafür zu sorgen, dass bis Ende 2021 mindestens 40% der Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen geimpft sind, haben reiche Staaten und Pharmaunternehmen diese Aufforderungen weiterhin ignoriert.

„Obwohl weltweit rund 11 Milliarden Impfstoffdosen produziert wurden, haben nur sieben Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen eine einzige Dosis erhalten. Warum wird ärmeren Ländern der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten verwehrt, während reiche Länder auf ihren ungenutzten Vorräten sitzen bleiben?“, sagt Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

Obwohl weltweit rund 11 Milliarden Impfstoffdosen produziert wurden, haben nur sieben Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen eine einzige Dosis erhalten. Warum wird ärmeren Ländern der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten verwehrt, während reiche Länder auf ihren ungenutzten Vorräten sitzen bleiben?

Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

DEN Teufelskreis durchbrechen

„Das Auftauchen der Omikron-Variante sollte ein Weckruf für die wohlhabenden Staaten und Pharmaunternehmen sein, die es versäumt haben, die Pandemie auf globaler Ebene zu bekämpfen. Wenn sie es verabsäumen, alle Menschen zu impfen – egal woher sie kommen – bleibt die gesamte Weltbevölkerung anfällig für neue Varianten. Die einzige Möglichkeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, besteht darin, dafür zu sorgen, dass alle Menschen Zugang zu Impfstoffen haben“, so Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

In diesem Jahr haben Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zahlreiche Versprechungen über die gemeinsame Nutzung von Impfstoffen gemacht, die sie jedoch immer wieder nicht eingehalten haben. Im Juni verpflichtete sich der G7-Gipfel, bis Ende 2021 eine Milliarde Impfdosen zur Verfügung zu stellen, doch Berichten zufolge ist dieses Ziel noch nicht erreicht worden. Im September verpflichteten sich US-Präsident Joe Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, bis September 2022 zusätzlich 900 Millionen Dosen für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu spenden. Dies ist zwar ein begrüßenswerter Schritt, doch die ärmeren Länder brauchen die Impfstoffe gerade jetzt. 

Pharmaunternehmen müssen Menschenrechte achten

Auch die Pharmaunternehmen haben es verabsäumt, sich der Herausforderung zu stellen. Der US-Pharmariese Pfizer hat irreführende Erklärungen abgegeben, dass sein „Impfstoff jedem*jeder Patient*in, jedem Land und jeder Gemeinschaft zur Verfügung stehen würde, die den Zugang wünscht“, während er in Wirklichkeit die große Mehrheit seiner Impfstoffe an Länder mit hohem und mittlerem Einkommen geliefert hat. Das konkurrierende Unternehmen Moderna konnte seinen Impfstoff nur mit Unterstützung von Wissenschaftlern der US-Regierung und enormer finanzieller Hilfe entwickeln, hat aber ebenfalls den Verkauf an reiche Länder bevorzugt. Beide Unternehmen liefern immer noch weniger als 1% ihrer Bestände an Länder mit niedrigem Einkommen.

Moderna und Pfizer haben sich zusammen mit anderen Impfstoffherstellern, AstraZeneca und Johnson & Johnson, auch geweigert, Maßnahmen zu unterstützen, die den Schutz geistigen Eigentums vorübergehend aufheben und die Impfstofftechnologie mit anderen Herstellern in der ganzen Welt teilen würden, um eine Ausweitung der weltweiten Produktion zu ermöglichen.

Alle Unternehmen haben die Verantwortung, Menschenrechte zu achten. Diese Verantwortung bedeutet vor allem, dass die Unternehmen „keinen Schaden anrichten“ dürfen. Wenn sie feststellen, dass sie die Ursache von Menschenrechtsverletzungen sind, müssen sie ihre schädlichen Handlungen sofort einstellen und für Abhilfe sorgen. Das ist ein weithin anerkannter Standard des erwarteten Verhaltens, wie er in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen festgelegt ist. 

Doch durch ihre Entscheidungen haben die Impfstoffhersteller letztendlich Menschenrechtsverletzungen verursacht oder dazu beigetragen, dass Milliarden von Menschen, die keinen Zugang zum COVID-19-Impfstoff haben, darunter leiden.

Düsterer Ausblick auf 2022: Was wird passieren, wenn große Teile der Welt ungeimpft bleiben?

„Letztes Jahr um diese Zeit wurde der erste Impfstoff verabreicht. Mehr als 365 Tage später haben viele Menschen in den wohlhabenderen Ländern bis zu drei Dosen erhalten, während viele Menschen in den ärmeren Ländern keine einzige bekommen haben. Wir stehen vor der düsteren Realität, die durch die brutale Klarheit der Pandemie noch verstärkt wird, dass einige Leben einfach als rettungswürdiger angesehen werden als andere. Das ist ein wirklich verheerendes Jahresende“, sagt Agnès Callamard und sagt weiter: „Wir hatten gehofft, dass der internationale Druck den reichen Staaten und den großen Pharmaunternehmen helfen würde, zur Vernunft zu kommen, das Horten von Impfstoffen zu beenden und die Rechte am geistigen Eigentum zu teilen, aber die Gier war stärker.“

Hoffen wir, dass die Vorsätze reicher Staaten und großer Pharmakonzerne für das neue Jahr darin bestehen, ihre Versprechen einzulösen und dafür zu sorgen, dass jede*r die Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen.

Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

„Viele Länder mit niedrigem Einkommen kämpfen jetzt mit einer tödlichen neuen Variante, während die Mehrheit ihrer Bevölkerung noch nicht einmal geimpft ist. Wenn jetzt keine drastischen Maßnahmen ergriffen werden, wird COVID-19 noch jahrelang verheerenden Schaden anrichten, und die entscheidende Frage lautet nun: Was wird passieren, wenn große Teile der Welt ungeimpft bleiben? Noch nie war es so klar, dass niemand sicher ist, solange nicht alle sicher sind,“ sagt Agnès Callamard.

Amnesty-Aktion "2 Milliarden Impfdosen in 100 Tagen!"

Seit dem 22. September 2021 hat Amnesty International im Einklang mit anderen Organisationen wie der WHO wohlhabende Staaten und Pharmaunternehmen aufgefordert, einen gleichberechtigten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen zu gewährleisten, damit bis Ende des Jahres 2021 mindestens 40% der Bevölkerung in Staaten mit geringem Einkommen geimpft werden können.

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